Liber contra insulsam vulgi opinionem de grandine et tonitruis
Das „Buch gegen die unsinnige Volksmeinung über Hagel und Donner“ wurde von Agobard von Lyon, Erzbischof von Lyon, ca. 815–820 n. Chr. verfasst.
Zur Erklärung: Vor dem Aufkommen des Christentums war in Lyon – damals unter dem Namen Lugdunum – die römisch-keltische Religion vorherrschend. Es war eine Mischung aus keltischen und römischen Glaubensvorstellungen. Sowohl im römischen als auch im keltischen Glauben gab es Wettergötter – in beiden Traditionen waren Naturkräfte wie Blitz, Donner, Regen und Sturm eng mit bestimmten Gottheiten verbunden. Neben Jupiter verehrten die Römer auch die Tempestates, eine Gruppe von weiblichen Gottheiten oder Geisterwesen, die über Stürme und Unwetter wachten. Sie galten als unberechenbar, gefürchtet und ehrwürdig zugleich – und hatten in Rom sogar einen eigenen kleinen Tempel, was ihre Bedeutung unterstreicht.


Agobard von Lyon spricht in seinem Buch über die sogenannten tempestarii – ein Begriff, der nicht zufällig an die römischen Tempestates erinnert. Gemeint sind damit dezidiert Frauen, denen man die Fähigkeit zuschrieb, Unwetter wie Hagel oder Stürme durch magische Mittel herbeizurufen oder abzuwenden. Der von ihm benutzte Ausdruck hatte einen eindeutig abfälligen Klang und richtete sich gegen vermeintliche „Wettermacherinnen“. Die Kirche hat diesen eindeutig weiblich gemeinten Begriff jedoch hinter einem männlich geprägten Ausdruck verborgen.
Agobards Buch gegen die unsinnige Volksmeinung über Hagel und Donner richtete sich ausdrücklich gegen den Volksglauben, der so tief in den vorchristlichen, römisch-keltischen Traditionen verwurzelt war, dass er auch Jahrhunderte nach dem Zerfall des Römischen Reiches weiterlebte und das Denken vieler Menschen im Frankenreich prägte. In der Region um Lugdunum (Lyon) hatten sich solche Vorstellungen offensichtlich auch bis ins 9. Jahrhundert (und darüber hinaus) erhalten.
Agobard war ein Vertreter der karolingischen (katholischen) Reformkirche, die es als ihre Aufgabe sah, die Bevölkerung im Sinne der christlichen Lehre zu unterweisen und vom Heidentum zu befreien.
ANFANG
In diesen Gegenden glauben fast alle Menschen – Edle und Unedle, Städter und Landleute, Alte und Junge –, dass Hagel und Donner nach dem Belieben von Menschen gemacht werden können. Denn sobald sie Donner gehört und Blitze gesehen haben, sagen sie: „Die Luft wurde emporgehoben.“
Wenn man sie jedoch fragt, was diese erhobene Luft sei, antworten manche mit wenig Gewissensbissen, wie es der Art der Unwissenden entspricht, und behaupten, dass sie durch die Beschwörungen von Menschen, den Tempestarii, erhoben worden sei – und dass deshalb diese Luft „erhoben“ genannt werde.
Ob dies wahr ist, wie es das Volk glaubt, muss durch die Autorität der Heiligen Schrift geprüft werden. Wenn es jedoch falsch ist – was wir ohne jeden Zweifel glauben – muss es mit höchstem Nachdruck gerügt werden, wie schwerwiegend die Schuld dessen ist, der ein göttliches Werk einem Menschen zuschreibt. Denn unter den schwersten Sünden wird besonders diese verurteilt, wenn jemand durch ein Lügengebilde behauptet, dass Menschen das tun könnten, was allein Gott zusteht.
Und selbst bei kleineren Lügen über irdische Dinge muss gelten, was geschrieben steht: „Ein dunkles Wort bleibt nicht ungestraft; und der Mund, der lügt, tötet die Seele“. Und an anderer Stelle: „Verderben sollen alle, die Lügen reden“. Und: „Ein falscher Zeuge wird nicht ungestraft bleiben“. Auch jenes Wort, das in der Offenbarung des Apostels Johannes steht, passt hierzu: „Selig sind, die ihre Kleider waschen, damit sie Anrecht haben am Baum des Lebens und durch die Tore in die Stadt eingehen. Draußen aber sind die Hunde, die Zauberer, die Unzüchtigen, die Mörder, die Götzendiener und alle, die die Lüge lieben und tun.“
Wie viel mehr gilt dies bei einer so großen Lüge, wie wir sie hier aufzeigen wollen – einer Lüge, die sogar in einigen Irrlehren zu finden ist.
Der selige Apostel Paulus sagt: „Dann würden wir als falsche Zeugen Gottes [Anm.: also Lügner] erfunden, weil wir gegen Gott bezeugt hätten, dass er Christus auferweckt habe – den er [wenn dies falsch wäre] nicht auferweckt hat, weil doch Tote nicht auferweckt werden. Denn wenn Tote nicht auferweckt werden würden, ist auch Christus nicht auferweckt worden.“ So wie also alle, die verkünden, dass Christus der Herr vom Vater auferweckt worden ist, als falsche Zeugen Gottes gelten würden, wenn Tote nicht auferstehen, so ist auch derjenige zweifellos ein falscher Zeuge Gottes, der ein so wunderbares und äußerst furchtbares Werk Gottes dem Menschen zuschreibt.
Wir aber haben viele gesehen und gehört, die so sehr in den Wahn versunken und in Torheit verfallen waren, dass sie glaubten und sagten, es gebe ein Land, das Magonia genannt werde, aus dem Schiffe in den Wolken kämen, in denen die Früchte, die durch Hagel zerstört wurden, und durch Unwetter vernichtete Ernte transportieren würden, und dass diese Schiffe in dieselbe Region flögen, nachdem sie von den sogenannten Tempestarii ihre Bezahlung erhalten hätten.
Aus diesem so tiefen Unsinn heraus glaubten einige, dass dies tatsächlich geschehen könne. Wir sahen bei einer Menschenversammlung vier Personen vorführen – drei Männer und eine Frau –, die angeblich aus diesen Luftschiffen stammten. Diese Menschen wurden einige Tage lang in Fesseln gehalten und schließlich in unserer Gegenwart der Menge vorgeführt, als wolle man sie steinigen. Doch als sich die Wahrheit durchsetzte und nach eingehender Überlegung offenbar wurde, wurden diejenigen, die sie vorgeführt hatten, gemäß der Prophezeiung beschämt, so wie es mit Lügnern geschieht, wenn sie überführt werden.
Wahrhaftig ist es ein Irrtum, dass in dieser Region die Herzen fast aller Menschen so sehr verwirrt sind! Doch um alles auf der Grundlage rechter Urteilsfähigkeit zu bewerten, wollen wir das Zeugnis der Schrift vorlegen, durch das man urteilen kann.
„Ihr hört nicht, weil ihr nicht zu meinen Schafen gehört.“
Ebenso an anderer Stelle:
„Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört meine Stimme.“
Also: Jeder, der die Lüge glaubt oder sie ausspricht oder behauptet, was nicht ist, und indem er glaubt, was nicht ist – was anderes tut er dann, als auf das Nichts hinzustreben? Denn was nicht ist, tendiert ins Nichts. Und wer sich vom Seienden entfernt, entfernt sich vom „Ich bin“. Wie jener, der zu Mose sprach: „So sollst du zu den Israeliten sagen: Der ‚Ich bin‘ hat mich zu euch gesandt.“
Und was sagt der selige Hiob:
„Denn er allein IST.“
Und lasst uns noch deutlicher sprechen: Die Wahrheit hat ein Wesen, das in eigener Substanz besteht, weil sie wirklich ist; die Lüge jedoch ist nicht, weil sie kein Wesen hat – denn was nicht ist, hat kein Sein. Also ist allein Gott es, der das wahre Sein hat – das er nicht empfangen hat, sondern in sich selbst ist.
Alle anderen Dinge aber sind erschaffen – und zwar WAHNHAFT erschaffen. Doch sie haben jenes wahre und höchste Sein nicht aus sich selbst. Die Lügen haben überhaupt kein Sein. Daher gilt: Wer an der Lüge festhält, hält an etwas fest, das nicht ist – was man eigentlich gar nicht „etwas“ nennen dürfte.
Wer aber an dem festhält, was nicht ist, entfernt sich nicht nur von dem, der ihn geschaffen hat, sondern auch von dem, durch den er geschaffen wurde. Denn sie sind nicht mehr, als dass sie sind: Das eine ist das höchste Sein, das sein Dasein nicht von einem anderen empfangen hat, sondern aus sich selbst heraus ist. Das andere ist das Sein, das sein Dasein von Gott empfangen hat. Das heißt: Schöpfer und Geschöpf.
Die Lüge also ist kein Schöpfer, kein höchstes Sein; sie ist auch kein Geschöpf, kein Sein; denn sie hat keinerlei Wesen, kein Sein überhaupt.
Wer also im Nichtsein verharren will, der entfernt sich vomjenigen, der ihm das Sein gegeben hat. Wer sich aber nicht vom wahrhaft Seienden entfernt, der flieht das, was überhaupt nicht ist – das ist die Lüge.
Da also jeder Lügner Falschheit behauptet, und jeder, der Falschheit behauptet, ein falscher Zeuge [Anm.: also ein Lügner] ist, der gegen die Wahrheit handelt, wollen wir nun sehen, ob diejenigen, die sagen, dass ein göttliches Werk durch menschliche Hand geschehe, sich dabei auf irgendeine göttliche Autorität stützen können.
In den Heiligen Schriften nämlich, wo zum ersten Mal vom Hagel die Rede ist – und zwar bei den Plagen, mit denen Ägypten geschlagen wurde –, findet sich Folgendes. Die siebte Plage Ägyptens ist diese. Der Herr sprach: „Morgen um diese Zeit will ich einen sehr schweren Hagel fallen lassen, wie es in Ägypten keinen gegeben hat seit dem Tag seiner Gründung bis heute.“ (Exodus 9,18) Mit diesen Worten sagt der Herr, dass ER SELBST den Hagel senden werde – NICHT irgendein Mensch, GEWISS NICHT Mose oder Aaron, die gerechte Männer und Diener Gottes waren. AUCH NICHT Jannes und Jambres, die Zauberer Ägyptens, von denen der Apostel schreibt, dass sie Mose widerstanden. Zwar hatten sie – wie es geschrieben steht – durch ägyptische Zaubereien und geheime Künste jeweils ihre Stäbe vor dem Pharao geworfen, und sie waren zu Schlangen geworden, doch Aarons Stab verschlang ihre Stäbe(d). Auch das Wasser hatten sie in Blut verwandelt und die Flüsse scheinbar zum Quellen gebracht – doch sie konnten es nicht bewirken, dass das Wasser im Fluss wieder klar wurde, so wie Mose es durch das Wort des Herrn tat.
Wenn also schon sie mit ihren Künsten nichts Dauerhaftes vermochten und Gottes Eingreifen nicht entgegenwirken konnten, wie viel weniger können es dann jene, die behaupten, göttliches Wirken sei Menschenwerk?
Doch als es zu den Stechmücken kam und sie nichts dagegen tun konnten, sagten sie: „Der Finger Gottes ist gegen uns.“ Wenn also irgendein Mensch den Hagel hätte herabrufen können, hätten Jannes und Jambres es getan – denn sie hatten Wasser in Blut verwandelt und Wasser aus den Flüssen hervorgebracht – etwas, das jene, die heute Tempestarii genannt werden, nicht vermögen.
Sodann folgt an derselben Stelle der Schrift:
„Mose streckte seinen Stab zum Himmel aus, und der Herr gab Donner und Hagel, und Blitze liefen über die Erde, und der Herr ließ Hagel auf das Land Ägypten niederfallen. Und Hagel und Feuer, die auf das Land schlugen, vermischten sich zugleich.“ (Exodus 9,23)
Siehe, auch an dieser Stelle zeigt sich DER HERR ALLEIN als Schöpfer und Urheber des Hagels – NICHT irgendeinen Menschen.
Nun mögen jene, die solches den Menschen zuschreiben, vielleicht sagen, dass Mose seinen Stab zum Himmel ausstreckte, und daher der Sturm durch einen Menschen herbeigeführt worden sei. Mose, der Knecht des Herrn, war gewiss ein guter und gerechter Mann. Doch jene, die man Tempestarii nennt, wagen nicht zu behaupten, sie seien gut und gerecht – vielmehr schlecht, ungerecht und des zeitlichen wie ewigen Verderbens würdig. Auch sind sie keine Diener Gottes – es sei denn in einem gewissen Sinn, jedoch nicht in freiwilligem Dienst. Denn wenn Menschen wie Mose Urheber des Hagels wären, dann wären sie Diener Gottes – nicht Diener des Teufels.
So sagt auch der Psalmist, wenn er vom Hagel spricht, über Gott: „Er tötete ihre Weinstöcke durch Hagel, und ihre Maulbeerbäume durch Reif, und übergab ihr Vieh dem Hagel und ihren Besitz dem Feuer.“ (Psalm 77, 47–48) Und weil der Psalmist an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt, dass das Verderben durch böse Engel kam – gemäß der göttlichen Vergeltung gegenüber den Gottlosen, denn Gott bedient sich der bösen Engel als Werkzeuge seiner Züchtigung – zeigt das, dass sie zwar den Willen zu schaden haben, aber die Macht dazu nur empfangen, wenn Gott es ihnen erlaubt. So wie ihr eigenes Wesen der Wille zum Schaden ist, so liegt die Macht, dass sie ausführen können, was sie wollen, ALLEIN BEIM HERRN. Die Macht liegt nämlich GEWISS NICHT bei Menschen, WEDER bei den Guten noch bei den Bösen; auch nicht bei den Dämonen liegt eine Macht, die der Kraft des Willens Gottes entgegensteht, sondern ALLEIN BEI GOTT, der ihrer bösen Absicht nur insoweit Macht verleiht, wie ER ES WILL, und sie wieder entzieht, wenn ER ES NICHT WILL.
Denn auch an einer anderen Stelle spricht der Psalmist über Gott: „Er setzte ihren Regen zu Hagel, Feuer, das die Erde verbrannte; er schlug ihre Weinstöcke, und zerbrach die Bäume ihrer Gefilde.“ Er hat wirklich geschlagen und wirklich zerbrochen – aber nicht ein Mensch, nicht ein böser Engel, sondern allein Gott, denn nicht einmal eine Legion böser Engel konnte den Schweinen schaden oder sie ins Meer stürzen ohne seinen Befehl.
GOTT ALSO IST ES, von dem es heißt: „Vor seinem Blitz zogen die Wolken dahin, Hagel und feurige Kohlen; DER HERR donnerte vom Himmel, DER HÖCHSTE ließ seine Stimme erschallen: Hagel und feurige Kohlen.“
Und auch das singen wir: „Blitze sandte ER und zerstreute sie; seine Pfeile schleuderte ER und schreckte sie auf.“
Und weiter: „ER, der den Himmel mit Wolken bedeckt, der Regen gibt auf die Erde, der Schnee wie Wolle sendet, Reif wie Asche streut, Hagelkörner wie Brocken ausschüttet – wer kann bestehen vor seinem Frost? ER spricht sein Wort, da taut es; ER lässt seinen Wind wehen, da fließen die Wasser.“
Den Herrn loben von der Erde her nicht nur die Drachen der Tiefe, sondern auch Feuer, Hagel, Schnee, Eis, Sturmwinde, die SEIN Wort ausführen – NICHT das Wort eines Menschen, NICHT das Wort eines bösen Engels.
Wir lesen auch vom Hagel im Buch Josua wie folgt: „Da zogen herauf die fünf Könige der Amoriter – der König von Jerusalem, der König von Hebron, der König von Jarmut, der König von Lachisch, der König von Eglon – sie und ihre Heere, und sie belagerten Gibeon und führten Krieg gegen es.“ Und kurz darauf: „Der Herr sprach zu Josua: Fürchte dich nicht vor ihnen, denn ich habe sie in deine Hand gegeben.“ Und weiter heißt es: „Als die Israeliten vor ihnen flohen und am Abhang von Bet-Horon hinabstiegen, ließ DER HERR große Steine vom Himmel auf sie fallen bis nach Aseka, sodass mehr durch die Steine des Hagels starben als durch das Schwert der Israeliten.“
(Josua 10, Verse 5 und 8 ff.) Also zeigt sich auch an dieser Stelle deutlich, dass der HERR auf den Fluch der Menschen hin den Hagel sandte, weil er sie würdig der Züchtigung befand. Denn wenn böse Menschen, wie jene, die sich irrend Tempestarii nennen lassen, tatsächlich fähig wären, Hagel zu bewirken, dann würden sie ihn gegen ihre Feinde senden – nicht gegen ihre eigenen Kinder.
Da also weder die Bösen über die Guten noch die Guten über die Bösen dies tun können, wird es in diesem Satz ganz deutlich erklärt. Auch das Buch der Weisheit bezeugt dies, indem es zum Herrn sagt: „Deine Hand zu entziehen ist unmöglich. Die Gottlosen nämlich, die dich nicht erkennen wollten, wurden durch die Stärke deines Armes mit neuen Wassern, Hagel und Regen geschlagen, verfolgten sie mit Unwetter und wurden durch Feuer verzehrt. Denn was wunderbar war – im Wasser, das alles auslöscht, wirkte das Feuer stärker. Denn der Welt der Gerechten tritt er als Rächer entgegen.“ Und kurz darauf: „Schnee und Eis ertrugen die Kraft des Feuers, ohne zu schmelzen, damit man erkenne, dass die Früchte der Feinde vom verzehrenden Feuer vernichtet wurden, das in Hagel und Regen blitzte.“ (Weish. 16,15 ff.)
Wenn also der allmächtige Gott durch die Stärke seines Armes die Feinde der Gerechten mit neuen Wassern, Hagel und Regen straft, dessen Hand zu entkommen unmöglich ist, so haben jene, die glauben, dass MENSCHEN solche Dinge tun könnten, vollkommen keine Ahnung von Gott. Denn wenn MENSCHEN Hagel schicken könnten, dann könnten sie sicherlich auch Regen senden. Niemand hat jemals Hagel ohne Regen gesehen. Wenn die Feinde sich also rächen wollten, könnten sie nur Frucht vernichten, aber nicht das Leben selbst auslöschen.
Denn wenn es vorkam, dass sich die Feinde der Tempestarii auf der Reise oder auf den Feldern befanden und sie töten wollten, dann, so sagt man, hätten sie vermehrten Hagel auf sie in einer einzigen Masse herabfallen lassen und sie damit begraben. Denn man sagt auch dies: Dass solche Tempestarii, die den Hagel weit verstreut über das Land niedergehen lassen, ihn an einem bestimmten Ort in einem Fluss oder in einem unfruchtbaren Wald, oder – wie man sagt – auf eine Schüssel ableiten, unter der sie sich verbergen.
Oft haben wir gewiss viele sagen hören, dass sie solche Dinge an bestimmten Orten sicher erkannt hätten; aber noch haben wir niemanden getroffen, der bezeugen würde, dies selbst gesehen zu haben. Einmal sagte mir jemand, dass er einen kenne, der behauptete, dies gesehen zu haben. Ich selbst bemühte mich, diesen Mann zu sehen [der einen der Tempestarii gesehen hatte], wie ich es auch tat. Als ich dann mit ihm sprach und er zu behaupten versuchte, er habe es tatsächlich gesehen, da verpflichtete ich ihn mit vielen Bitten, Beschwörungen und göttlichen Drohungen, dass er nichts sagen solle, außer das, was wahr sei. Er bestätigte dann zwar, dass das, was er sagte, wahr sei, nannte auch den Namen des Mannes, die Zeit und den Ort – gab aber zugleich zu, dass er zur angegebenen Zeit nicht anwesend gewesen sei.
Auch im Buch Jesus Sirach, das im Lateinischen „Ecclesiasticus“ heißt, ist geschrieben: „Es sind Geister geschaffen zur Rache, und in ihrem Zorn haben sie ihre Pein gestärkt. In der Zeit der Vollendung werden sie Kraft ausgießen und den Zorn dessen, der sie gemacht hat, stillen. Feuer, Hagel, Hunger und Tod – all das ist zur Rache erschaffen. Die Zähne der wilden Tiere, Skorpione, Schlangen und das Schwert zur Vernichtung der Gottlosen.“ (Eccli. 39, 33ff)
Wenn also der Hagel geschaffen ist – wie auch die übrigen Dinge, die hier genannt werden – von Gott zur Strafe, dann ist er geschaffen von GOTT, NICHT von einem Menschen.
Auch im selben Buch lesen wir: „Sieh den Regenbogen und preise den, der ihn gemacht hat. Sehr schön ist er in seinem Glanz. Den Himmel hat er in einem Kreis von Herrlichkeit umspannt, DIE HAND DES HÖCHSTEN hat ihn gespannt. Durch SEINEN Befehl beschleunigt er den Schnee, und durch SEIN Urteil sendet er die Blitze. Deshalb sind die Schatzkammern geöffnet, und die Wolken ziehen wie Vögel hinaus.“
In seiner Größe hat ER die Wolken gesetzt, und die Hagelsteine sind zerbrochen.
Vor seinem Angesicht erbeben die Berge, und AUF SEINEN WILLEN HIN weht der Südwind.
Die Stimme SEINES Donners erschüttert die Erde, der Sturmwind aus dem Norden und die Versammlung der Winde.
Wie ein Vogel, der sich zum Landen niederlässt, streut ER den Schnee,
und wie eine Heuschrecke, die hinabtaucht, so ist SEIN Herabstieg.
Die Schönheit SEINER Farbe bewundert das Auge, und vor SEINEM Regen zittert das Herz.
Der Frost wie Salz wird über die Erde ausgestreut;
und wenn er gefroren ist, erscheint er wie die Spitzen der Disteln.
Ein kalter Nordwind bläst, und aus dem Wasser gefriert das Eis,
es ruht auf dem ganzen Wasserlauf,
und wie ein Brustpanzer legt es sich auf die Wasser.
ER verzehrt die Berge, und verbrennt die Wüste,
und löscht das Grüne aus wie Feuer.
Heilmittel für alles ist in der Eile des Nebels,
und der Tau, der der Glut entgegenkommt.
In SEINEM Wort verstummt der Wind,
und durch SEINEN Gedanken besänftigt er die Tiefe
und pflanzt dort den Herrn Jesus ein.
(Ecclesiasticus [Sirach] 43, 12–25)
Erscheinung, Glanz und der Kreis des Regenbogens;
das schnelle Herabfallen des Schnees,
der Schrecken des Blitzes,
die Geschwindigkeit des Nebels,
das Anhalten der Winde,
das Erbeben der Erde,
das Ringen der Lüfte,
das Gefrieren des Wassers – nicht nur in den Wolken, wie beim Hagel und Schnee – sondern auch auf der Erde:
Schneeansammlungen,
Regen,
stehende Gewässer oder strömende Flüsse –
und durch das Gefrieren das Austrocknen der grünen Pflanzen, wie wir es oft sehen.
Ebenso auch das Auflösen all dieser Dinge, das geschieht zur Zeit des Schmelzens der Nebel, durch das Wehen des Südwinds und des Westwinds.
AUF DAS WORT GOTTES HIN, heißt es, beruhigen sich all diese Dinge und werden besänftigt.
Darum soll unter solchen Umständen kein menschlicher Helfer gesucht werden, denn KEINER wird gefunden werden – es sei denn etwa ein Heiliger Gottes, der viel erlangt hat und noch erlangen wird. Einige von ihnen werden die Macht haben, den Himmel zu verschließen, damit es in den Tagen ihrer Prophetie nicht regne – wie Elija – und Wasser in Blut zu verwandeln, und die Erde mit jeder Plage zu schlagen, so oft sie wollen, wie Mose und Aaron Ägypten schlugen.
Wahrlich, kein anderer sendet Hagel zur Zeit des Sommers, außer der, der auch Schnee und Eis zur Zeit des Winters sendet. Denn für beides ist die gleiche Ursache verantwortlich, nämlich dass die Wolken zu beiden Zeiten gewöhnlich höher als sonst emporgehoben werden. Auch im Buch des seligen Ijob steht geschrieben: „Aus dem Innersten kommt der Sturm hervor, und aus dem Norden die Kälte. Durch den Hauch Gottes gefriert das Eis, und die Wasserflächen breiten sich weit aus. Die Wolken verlangen nach Getreide, und die Wolken streuen ihr Licht aus; sie durchziehen alles ringsum, WOHIN AUCH IMMER DER WILLE GOTTES SIE FÜHRT, und sie erfüllen alles, was ER ihnen über die Fläche der Erde geboten hat.“ (Job 37, 9 ff.)
Es ist besonders zu beachten, was gesagt wird: „Die Wolken durchziehen alles ringsum, wohin auch immer der Wille GOTTES sie führt.“
Wenn also Gott sie lenkt, kann kein ungerechter Mensch sie in eine andere Richtung lenken, weil er weder Gott befehlen noch durch Bitten etwas erreichen kann. Und was hinzugefügt wird: „Alles, was er ihnen über die Fläche der Erde geboten hat“, ist so zu verstehen, dass alles, was Gott den Wolken befohlen hat – sei es zur Strafe, zur Hilfe für den Menschen, sei es Schnee, Hagel, Regen, Blitze, Donner, laute Geräusche, durch die häufig sogar hohe Gebäude einstürzen – nicht durch menschliches Gebot, sondern durch Gottes Befehl geschieht, wie auch in der folgenden Stelle dieses Textes nach kurzer Zeit zu lesen ist.
Wahrlich, nicht auf Befehl eines Menschen, sondern auf GOTTES Befehl – wie in diesem Satz zu lesen ist, in dem kurz danach auch gesagt wird:
„Weißt du etwa, wann Gott den Regenwolken geboten hat, dass sie das Licht seiner Wolken zeigen? Weißt du etwa die Wege der großen Wolken und die vollkommene Wissenschaft?“ (Hiob 37,15–16) Aus diesen Worten ist auch Folgendes zu beachten: Wenn also der Mensch die Wege der Wolken nicht kennt, noch die vollkommene Wissenschaft über sie besitzt, dann kennt er umso weniger, ob ihr Wirken den Menschen nützt oder schadet. Ausgenommen sind – wie gesagt – die Heiligen, die gemäß dem Willen Gottes durch ihn selbst vieles erlangen können,
nicht durch eigene oder irgendeine entgegengesetzte Kraft, sondern durch den Willen des Schöpfers. So haben auch viele Diener Gottes durch Gebete erlangt, dass der Herr in Zeiten der Dürre Regen zu schenken geruhte.
Denn so stellt uns der selige Apostel Jakobus das Beispiel des Propheten Elija vor Augen und ermahnt uns, im Kummer, in Krankheit und zur Vergebung der Sünden auf das Gebet zurückzugreifen, indem er sagt: „Betet füreinander, damit ihr gerettet werdet.“ Viel vermag das inständige Gebet des Gerechten. Elias war ein Mensch wie wir, den Leiden unterworfen. Und er betete mit Inbrunst, dass es nicht regnen solle, und es regnete nicht auf die Erde drei Jahre und sechs Monate. Und er betete wiederum, und der Himmel gab Regen, und die Erde brachte ihre Frucht hervor. Elija betete also, dass es nicht regnen möge, und es regnete nicht drei Jahre und sechs Monate. Dies tat er zur Zurechtweisung und zur Besserung seines Volkes, das heißt: Damit sie zuerst zurechtgewiesen würden wegen ihrer Abkehr, weil sie den Glauben an den allmächtigen Gott verlassen hatten und sich dann dem Schmutz der Götzen hingaben, sodass sie nachher durch die Geißel des Mangels ermüdet und erschöpft und in Erwartung des Regens zur Reue gebracht würden und zu dem Herrn, ihrem Gott, zurückkehrten, den sie verlassen hatten.
So auch der Prophet Samuel, der Führer des Volkes Israel: Als er jenes Volk wegen seiner häufigen Übertretungen tadelte, und dabei die Wohltaten des allmächtigen Gottes aufzählte und deren gegenteilige Abkehr aufzeigte, da erkannte das Volk selbst, dass es ein großes Übel getan und Gott beleidigt hatte, als es einen König verlangte. Durch Gebet erreichte er, dass zur ungewöhnlichen Zeit ein furchtbares Unwetter mit Donner und Blitzen entstand. So ist schließlich geschrieben, dass Samuel zum Volk sagte: „Tretet herzu und seht dieses große Ding, das der Herr vor euren Augen tun wird. Ist nicht heute die Weizenernte? Ich werde den Herrn anrufen, und er wird Donner und Regen senden, damit ihr erkennt und seht, wie groß das Unrecht ist, das ihr vor den Augen des Herrn begangen habt, als ihr euch einen König erbeten habt.“
Und Samuel rief zum Herrn, und der Herr sandte Donner und Regen an jenem Tag, und das ganze Volk fürchtete den Herrn und Samuel sehr.
Und das ganze Volk sprach zu Samuel: „Bete für deine Knechte zum Herrn, deinem Gott, damit wir nicht sterben. Denn zu all unseren Sünden haben wir noch diese böse Tat hinzugefügt, dass wir uns einen König erbaten.“ (1. Samuel 12,19) Erschüttert durch die Stimme des Donners und das Aufblitzen der Blitze, baten sie den heiligen Propheten um Fürsprache – wenn auch Sünder, so doch wie Gläubige. Nicht so wie unsere Halbgläubigen, die, sobald sie Donner hören oder einen leichten Windhauch verspüren, sagen: „Ein Zauberhauch ist es“, und dann fluchen und sprechen: „Verflucht sei jene Zunge, sie soll verdorren, und sie hätte längst abgeschnitten sein sollen, die solches gesprochen hat.“
Ich frage euch: Wem fluchen Sie? Dem Gerechten oder dem Sünder?
Denn ein Sünder, wie ein Ungläubiger, konnte – wie ihr zu sagen pflegt – es nicht abwehren; weil er weder durch seine eigene Kraft etwas vermochte noch den bösen Geistern befehlen konnte – selbst wenn diese überhaupt irgendeine Macht in dieser Welt hätten – so hat er sich doch nicht an den Herrn gewandt, um durch Gebet etwas zu erlangen. Denn so wie ihr es tut, so glauben auch jene, die ihr für Tempestarii haltet, dass dies durch böse Zauberkünste geschehe, nicht durch den Willen Gottes. Und selbst wenn sie Gott darum bäten, sie würden es dennoch nicht verdienen, es zu erlangen – was nur den Gerechten zukommt, nicht den Ungerechten. Denn die, die in solchen Dingen selbst etwas von Gott erbitten, tun es ungläubig und mit zweifelndem Herzen, nicht im festen Vertrauen des Glaubens.
In jener Zeit, als durch das Gebet des Elija Dürre über das Land Israel gekommen war, wurden selbst die Weideplätze dem Vieh verweigert.
Denn es steht geschrieben: „Ahab sprach zu Obadja: Geh durch das Land zu allen Wasserquellen und zu allen Tälern; vielleicht finden wir irgendwo Gras, um Pferde und Maultiere am Leben zu erhalten und nicht das gesamte Vieh zugrunde gehen zu lassen.“
(3. Könige [1. Könige] 18,5) Seht, wie sich zeigt, dass man die Hoffnung auf Regen aufgegeben hatte, und dass es nur nach den Worten des Elija Hoffnung gab, weshalb man für das Vieh Gras suchte bei Quellen und Wasserläufen. Denn sie fühlten bereits, dass wahr sei, was Elija selbst zu Ahab gesagt hatte: „So wahr der Herr, der Gott Israels, lebt, in dessen Gegenwart ich stehe: Es wird weder Tau noch Regen geben, außer auf mein Wort hin.“ Und Elija sagte dabei genau, wie viele Jahre es seien.
Warum also bat Ahab nicht die Tempestarii, dass sie die Unwetter beseitigen sollten – dass sie, wie ihr zu sagen pflegt, „leichte Lüfte“ senden sollten, durch die das Land bewässert würde und so Kräuter für seine Pferde, Maultiere und anderes Vieh hervorbringen könnte?
Gerade weil er fürchtete, die Feldfrüchte und die Weingärten zu verlieren – die es damals überhaupt nicht mehr gab? Auch in unserer Zeit sehen wir manchmal, wenn die Ernten eingebracht sind und die Weinlese beendet ist, dass wegen der Trockenheit die Bauern nicht mehr säen können. Warum bittet ihr da nicht eure Tempestarii, dass sie die leichten Lüfte senden, durch die das Land bewässert wird, damit man anschließend säen könne? Doch weil ihr das nie getan habt, noch es je zu tun gesehen oder gehört habt.
So hört nun, was der Herr selbst, der Schöpfer, Lenker, Ordner und Spender aller Dinge, zu seinem seligen Knecht Hiob sagt. Denn als der Teufel – der Erfinder des Bösen, der Fürst und Ursprung allen Übels, der Ankläger der Brüder – den seligen Hiob bei Gott anklagte und sagte, dieser diene nicht in rechter Gesinnung, sondern nur deshalb, weil er allein zu pflanzen und allein zu ernten fähig sei und weil ihm allein Fruchtbarkeit der Felder zuteilwerde und forderte, ihn [Hiob] prüfen zu dürfen, damit sich durch die Prüfung zeige, ob er wirklich treu sei. Ein Frevler, Hochmütiger und äußerst Törichter war er [der Teufel], als glaubte er, den Sinn eines Mannes Gottes besser zu kennen als dessen Schöpfer.
Der Herr aber, gerecht und barmherzig, gerecht, um den Teufel zu beschämen, barmherzig, um seinen treuen Knecht zu erhöhen, gewährte ihm [dem Teufel] Macht: zuerst über alle seine Besitztümer, dann über seine Kinder, dann auch über seine Gesundheit, danach über die Überredungskraft seiner Frau, und zuletzt über Spott und vielfältige Verachtung durch seine Knechte. Doch der Teufel wurde besiegt und in Schande gebracht; der Knecht des Herrn ging triumphierend daraus hervor. Weil also der fromme Herr – wie der Apostel über sich selbst sagt – nicht wollte, dass ihn die Größe der Offenbarungen hochmütig mache, so wollte er auch jenen [Hiob], damit ihn nicht der Ruhm des Sieges überhebe, demütigen – nicht durch den Verlust von Gütern, die er verloren hatte, nicht durch körperliche Schmerzen, durch die er schon wie Gold im Feuer geprüft worden war, nicht im Vergleich mit irgendeinem bedeutenden Mann, denn keiner war ihm auf Erden gleich, weil er unter den östlichen Menschen als groß galt. Vielmehr begann er, ihn tief zu demütigen, indem er ihm zugleich die Unermesslichkeit seiner göttlichen Macht offenbarte, damit der treue Knecht durch das Erkennen der unaussprechlichen und unergründlichen Großtaten des Schöpfers, des unausforschlichen Herrschers aller Dinge, sich selbst verachte und zur Verachtung neige, wie es auch geschehen ist.
Denn dies wird aus seinen Worten deutlich, in denen er sagt: „Darum tadle ich mich selbst, und tue Buße in Staub und Asche.“ (Hiob 42,6) Eine andere Übersetzung sagt es noch klarer: „Ich verachtete mich selbst, und wurde unwillig, und hielt mich für Erde und Asche.“ In dieser Demütigung erkannte der allmächtige Gott den treuen Knecht, ob er wahrhaft aus Liebe oder nur aus Hoffnung auf Belohnung ihm diente, ob er ihm auch dann gehorchte, wenn er nicht verstand, was und warum es geschah. Und als dies deutlich wurde, fragte ihn Gott über solche Dinge, die allein der Allmächtige tun kann, und sprach: „Wo warst du, als ich die Fundamente der Erde legte?“ „Wer bestimmte ihre Maße, oder wer spannte die Messschnur über sie?“ „Wer schloss das Meer mit Türen ein?“Und: „Kannst du die funkelnden Sterne der Plejaden zusammenbinden oder den Gürtel des Arkturus lösen?“ „Kennst du die Ordnung des Himmels?“ „Schickst du Blitze aus, und gehen sie hin?“
Und vieles Ähnliches.
Und unter diesen vielen Dingen fragt er ihn auch: „Bist du zu den Schatzkammern des Schnees gekommen oder hast du die Vorräte des Hagels gesehen, die ich aufbewahrt habe für die Zeit des Unheils, für den Tag des Kampfes und der Schlacht?“ „Auf welchem Weg verteilt sich das Licht, und wie verteilt sich der Ostwind über die Erde?“ „Wer hat dem Regen seinen Lauf gegeben und dem Donner den Weg gewiesen, damit er auf der Erde regne, wo kein Mensch ist, in der Wüste, wo kein Mensch wohnt, um das Ödland zu tränken und das grüne Kraut hervorsprießen zu lassen?“ „Wer ist der Vater des Regens? Oder wer hat die Tropfen des Taus gezeugt?“ „Aus wessen Schoß kam das Eis hervor, und wer gebar den Reif des Himmels?“ „Wie zu Stein erstarrt das Wasser, und die Oberfläche des Abgrunds friert zu.“
(Hiob 38, ab Vers 4)
Seht also die großen Werke Gottes, deren Erhabenheit nicht einmal der selige Hiob zuvor so hoch und fein bewundern konnte. Wenn der Herr Schatzkammern für den Hagel hat und diese nur er allein sieht, und der selige Hiob sie noch nie gesehen hat – wo also haben sie dann die Tempestarii gesehen, die der selige Hiob nicht gesehen hat, noch wir je auffinden oder auch nur vermuten können, wo sie zu finden wären? Der Herr fragt seinen treuen Knecht, ob er wisse, wer den gewaltigen Regen ergießt und den Weg des donnernden Donners weist. Diese Menschen aber, von denen die Rede ist, zeigen sich uns als armselige Gestalten, fern von Heiligkeit, Gerechtigkeit und Weisheit, bar des Glaubens und der Wahrheit, verhasst sogar ihren Nächsten, und behaupten, dass sie gewaltige Regengüsse, donnernde Wasserstürze und sanfte Lüfte wirken könnten. Der Herr aber sagt, dass er dies für die Zeit des Feindes vorbereitet habe – das heißt: zur Rache. Und eben diese Feinde und Gegner der Gerechtigkeit – die, wie es besonders schlimm ist, Grenzen verschieben, Pfänder der Witwen rauben,
die Arme der Waisen brechen, Nackte unterdrücken, Menschen, die kein Obdach haben, verstoßen, Arme aus ihren Häusern vertreiben, Menschen, die leiden, bedrücken – für diese ist Strafe geboten. Und doch sagen diese, sie hätten die Macht, während doch der Herr die Rache gegen die Feinde seiner Getreuen vorbereitet hat. Der HERR nennt sich den Vater des Regens und bestätigt, dass Regen und Hagel vom Himmel kommen.
Diese ganz armseligen Menschen behaupten, sie hätten einen bedeutenden Anteil an dieser göttlichen Verfügung. Dass sie wie Steine gegen Wasser verhärtet sind, zeigt uns der Herr auf wunderbare Weise. Wenn es also jemals geschehen könnte, dass auf den bloßen Wunsch dieser armseligsten Menschen dies Wirklichkeit würde, dann wäre es zweifellos kein Wunder mehr. Diese Torheit ist kein geringer Teil des Unglaubens; und das Übel ist so weit gediehen, dass es an vielen Orten Menschen gibt, die so armselig sind, dass sie sagen, sie könnten zwar selbst keine Unwetter verursachen, aber sie wüssten, wie man Wohnorte vor Unwettern schützen könne. Sie haben bestimmt, wie viel sie von ihren Erträgen geben sollen, und nennen das „kanonisch“(a). Viele aber gibt es, die den Priestern keinen Zehnten geben, den Witwen und Waisen und den übrigen Bedürftigen keine Almosen spenden, obwohl ihnen dies häufig gepredigt wird, sie es oft lesen, immer wieder dazu ermahnt werden, und doch nicht gehorchen. Das sogenannte „Kanonische“, das sie ihren Beschützern geben – also jenen, von denen sie glauben, sie könnten sie vor Unwettern bewahren –, geben sie, ohne dass es gepredigt oder empfohlen würde, freiwillig auf Anstiften des Teufels. Am Ende setzen sie auf diese Menschen große Hoffnung für ihr Leben, als ob sie durch sie lebten. Dies ist kein bloßer Teil, sondern beinahe die volle Ausprägung des Unglaubens.
Denn es gibt drei Tugenden, nach der Heiligen Schrift, in denen der ganze Gottesdienst zusammengefasst ist, durch die Gott verehrt wird, nämlich Glaube, Hoffnung und Liebe. Wer also seinen Glauben und seine Hoffnung aufteilt, glaubt teilweise an Gott, teilweise daran, dass Menschen etwas Göttliches seien, und hofft zum Teil auf Gott, zum Teil aber auf Menschen(b). Gott nimmt sicher keinen geteilten Glauben und keine geteilte Hoffnung an. Darum kann auch niemand, der in solchem Zustand ist, zu den Gläubigen gezählt werden. Wer also geteilten Glauben und geteilte Hoffnung hat, wird zweifellos durch einen Abgrund der Ungläubigkeit von der Zahl der Gläubigen getrennt. Völlig zu Recht trifft ein solcher dann auch der Fluch des Propheten, der sagt: „Verflucht ist der Mensch, der seine Hoffnung auf Menschen setzt.“ Niemand aber soll sich selbst damit schmeicheln und sagen: „Ich hoffe mehr auf Gott als auf Menschen.“ Denn Hoffnung kann nicht geteilt werden. Entweder ist sie ganz, und dann ist sie heil, oder sie ist geteilt, und dann ist sie keine.
Vor wenigen Jahren verbreitete sich eine gewisse Torheit, als nämlich eine Viehseuche herrschte. Da sagte man, Herzog Grimoald von Benevent(c) habe Männer mit Pulver ausgeschickt, die dieses Pulver über Felder, Berge, Wiesen und Quellen streuen sollten, weil er ein Feind des überaus christlichen Kaisers Karl sei und weil von diesem ausgestreuten Pulver das Vieh sterbe. Wegen dieser Angelegenheit hörten wir, dass viele festgenommen wurden. Wir sahen auch einige getötet, die meisten aber, nachdem man ihnen Tafeln umgehängt hatte, wurden in den Fluss geworfen und dort getötet. Und das Seltsame war: Die Festgenommenen gaben selbst gegen sich zu Protokoll, dass sie solches Pulver besäßen und es ausgestreut hätten. So also wirkt der Teufel, dem nach dem verborgenen und gerechten Urteil Gottes Macht über sie gegeben wurde, dass es ihnen so sehr zu gelingen schien, dass sie selbst für sich falsche Zeugen ihres Todes wurden. Weder Zucht noch Folter noch selbst der Tod konnte sie davon abschrecken, die Unwahrheit gegen sich selbst zu bekennen, damit sie sich nicht wagten, das Gegenteil zu sagen. So glaubten es also alle, und es gab kaum jemanden, dem dies nicht völlig absurd erschien. Sie überlegten auch nicht vernünftig, wie ein solcher „Pulver“ überhaupt beschaffen sein sollte, von dem nur die Rinder sterben und nicht andere Tiere. Oder wie er über so weite Gegenden getragen werden könne, die mit Pulver von Hand gar nicht überstreut werden können. Auch konnte kein Mensch über solche Entfernungen das Pulver verteilen, noch waren es Männer und Frauen aus Benevent, Alte wie Junge, die mit nur drei Wagen voller Pulver aus ihrer Gegend aufgebrochen wären.
Der arme Erdkreis war schon so sehr von Torheit bedrückt, dass man heute unter Christen an Dinge glaubt, wie man sie früher nicht einmal den Heiden hätte zutrauen wollen, jene nämlich, die den Schöpfer aller Dinge nicht kannten. Deshalb haben wir diese Angelegenheit hier eingefügt, weil sie dem ähnlich ist, wovon wir sprechen, und man ihr sogar als Beispiel beilegen könnte für eine wahnhafte Verführung und eine echte Sinnverwirrung.
ENDE
Editorische Hinweise:
(a) Ein Teil der Bevölkerung glaubte, sich vor Unwettern (Hagel, Sturm etc.) schützen zu können, wenn sie bestimmten Personen – etwa den angeblichen „Wettermachern“ oder „Unwetter-Abwehrern“ – regelmäßig etwas von ihren landwirtschaftlichen Erträgen abgaben. Diese Abgabe bezeichneten sie als „kanonisch“, also so, als wäre sie Teil der kirchlichen Ordnung oder ein kirchlich gebotener Zehnt. Diese Menschen ersetzten damit echte kirchliche Abgaben wie den Zehnten (für die Kirche, Arme, Witwen usw.) durch freiwillige Leistungen an Personen, von denen sie sich magischen Schutz erwarteten. Sie glaubten mehr an den Schutz durch diese Leute als an Gottes Vorsehung.
(b) Ja, der Prediger kritisiert hier deutlich, dass manche Menschen — wenn sie ihren Glauben und ihre Hoffnung „aufteilen“ — in Wahrheit eine Form von vergötzender Verehrung des Menschen betreiben.
(c) Grimoald war ein Herrscher der Langobarden, eines germanischen Volkes, das in Italien herrschte. Die Langobarden waren ursprünglich Arianer (eine frühchristliche Glaubensrichtung, die von der römischen Kirche als häretisch angesehen wurde), doch viele – auch Grimoald – konvertierten später zum katholischen Christentum.
(d) Die Geschichte des „Aronstabs“: Die biblische Geschichte von Aarons Stab, der im Buch Numeri (4. Mose) erwähnt wird. Dieser Stab wurde als Zeichen der Auserwählung Aarons zum Hohepriester zum Blühen gebracht.
Quelle:
Liber contra insulsam vulgi opinionem de grandine et tonitruis
Bilder: KI