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Die sieben hermetischen Gesetze

“Dunkelgründig, als ob es nichts sei, und doch ist es: zwanglos aus sich selbst wirkend, gestaltlos und doch voll zauberischer Kraft. Alle Dinge ernährt es, und doch wissen diese nichts davon. Dies nennt man des Ursprungs Wurzel. Wer sie erkennt, kennt die Natur.”
Dschuang Dsi (Zhuangzi)

Ab dem 18. Jahrhundert waren einige Frauen mutig genug, ihre Lehren, die sie im Mittelalter über mehrere Jahrhunderte geheim gehalten hatten, wieder in die Öffentlichkeit zu tragen. Dies geschah nicht im rückständigen Europa, sondern in Amerika.

Am Anfang dieser Entwicklung standen die Quäker. Für sie spielten religiöse Machtstrukturen keine Rolle. Sie suchten die spirituelle Erfahrung vielmehr in sich selbst als in Priestern und ehrwürdigen Hallen. Die Quäker waren der Impuls für eine Bewegung, die sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickeln sollte und später als New Thought bekannt wurde. Nachdem die Kirche durch die Trennung von Kirche und Staat ihre Macht verloren hatte, die mehr als 60.000-70.000 sogenannten Hexen das Leben gekostet hatte, legten die Menschen im New Thought des 20. Jahrhunderts ihren Fokus wieder verstärkt auf die spirituelle Erfahrung in sich selbst – ganz ohne priesterliche Unterstützung und gesetzlich verordnete Gebete.

Sie besannen sich auf die ursprünglichen hermetischen Texte, erweiterten und adaptierten sie. Uraltes, verloren geglaubtes Wissen aus der arabischen und ägyptischen Welt vermischte sich mit den Ideen der neuen Zeit.

Zu dieser Zeit hängte William Walker Atkinson seinen Beruf als Jurist an den Nagel, getragen vom Wunsch, das gesamte hermetische Wissen zu sammeln, zu komprimieren und daraus ein “Gesetzbuch des Kosmos“ zu erarbeiteten. Daraus entstand das Kybalion, das er unter dem Synonym der “Drei Eingeweihten” veröffentlichte. Die darin enthaltenen Sieben Hermetischen Gesetze gelten heute unter Hermetikern zu den wichtigsten Schriften der Neuzeit.

1.   Das Gesetz der Geistigkeit

“Alles ist Geist. Die Welt ist geistiger Natur.”

Materie wird vom Geist erschaffen. Auch du erschaffst Materie. Dabei musst du jedoch bedenken: Es erschafft jeder! Jeder Mensch versucht, seine Welt nach seinem Geist zu formen. Um zu erschaffen, muss also dein Schöpfungswille stark genug sein – stärker als der Schöpfungswille des anderen. Wenn nicht dein Wille erschafft, erschafft der Wille eines anderen.

Wenn du im Spiel der freien Kräfte eine Konkurrentin hast, wende dich der Sonne zu und male stärkere innere Bilder. Suche dir Freunde und Mitstreiter, die dieselben mentalen Bilder sehen wie du. Gestalte die Bilder so einfach wie möglich, damit dein Unterbewusstsein sie leicht versteht. Baue Symbole und Archetypen wie die Sonne, den Held, den Schatz ein. Sie sind besonders kraftvoll, da sie tief verwurzelte und universelle menschliche Erfahrungen und Emotionen ansprechen. Je detaillierter und lebendiger deine Bilder sind, desto stärker sind sie. Aber denke daran: Innere Bilder werden nicht in erster Linie durch Meditation, Visualisierungsübungen oder Vision Boards lebendig, sondern durch andere Menschen. Such dir daher Menschen, die deine Bilder sehen und verstärken!

2.   Das Gesetz der Gegensätze

“Schöpfung entsteht durch die Verschmelzung der Gegensätze.”

Ohne Gegensatz keine Realität. Nichts auf der Welt existiert ohne seinen Gegensatz. Nur, wenn der Gegenpol gefunden und integriert wird, kann Schöpfung entstehen. Bedenke immer, dass Gegensätze ihrer Natur nach identisch sind – sie sind nur zwei Enden desselben Spektrums: 

Mann und Frau sind zwei Seiten derselben Geraden: der menschlichen Existenz, deren Zusammenspiel das Mysterium des Lebens entfaltet.

Sonne und Mond sind zwei Seiten derselben Geraden: des Himmels. Erst der Wechsel ermöglicht ein Leben auf diesem Planeten.

Normal und abnormal sind zwei Seiten derselben Geraden: der gesellschaftlichen Normen.

Glücklich und unglücklich sind die beiden Seiten der Emotion, und Angst und Mut sind die zwei Seiten des menschlichen Geistes.

Geist und Materie sind ebenfalls zwei Seiten derselben Geraden: der Schwingung im Kosmos. Ihr Zusammenspiel bewahrt die Harmonie der Schöpfung. 

In der alchemistischen Tradition steht die Vereinigung von Gegensätzen, wie Sonne und Mond oder Feuer und Wasser, im Zentrum des schöpferischen Prozesses. Die sogenannte Alchemistische Hochzeit, die Verschmelzung der Gegensätze, symbolisiert diese Vereinigung. In dieser entsteht das „Philosophische Kind“, ein neues, höheres Bewusstsein oder eine neue Form der Existenz, ein neuer, höherer Bewusstseinszustand, der Stein der Weisen.

3.   Das Gesetz der Schwingung

“Alles schwingt, alles ist in Bewegung. Alle Körper, jede Farbe des Spektrums und jeder Ton schwingt in ihrer eigenen Frequenz.”

Materie und Gedanken sind Schwingungen – der einzige Unterschied liegt in ihrer Frequenz. Während der Geist auf einer sehr hohen Frequenz schwingt, ist die Frequenz der Materie deutlich niedriger. Geistige Zustände können ihre Frequenz verändern; sie können ihre Schwingung senken und somit zu Materie werden. Dafür muss dein geistiges Bild jedoch stark sein – im besten Fall ist es nicht nur für eine Person sichtbar (also spürbar), sondern für mehrere. Je mehr Personen dein geistiges Bild wahrnehmen, desto eher wird es sich manifestieren. Mentale Bilder können auch körperliche Zustände auslösen – so geschieht Heilung. 

Menschen nutzen dieses Gesetz, indem sie ihre Willenskraft einsetzen, um die Frequenz geistiger Zustände je nach angestrebtem Ziel entweder zu erhöhen oder zu senken. Denke aber immer daran, dass auch andere Menschen nach ihrem Willen erschaffen. Um zu erschaffen, muss der eigene Wille stärker sein, als der des anderen. 

Wenn du eine spezielle Stimmung in einem Raum erzeugen möchtest, zum Beispiel Freude, Mitgefühl oder Kreativität, dann bringe zunächst deine eigenen Gedanken und Emotionen auf eine höhere Frequenz. Eine hohe emotionale Schwingung erzeugt geistige Bilder, nicht nur in dir selbst, sondern auch in den Menschen in deiner Umgebung. Die Bilder erschaffen eine Resonanz im Raum, die andere Menschen beeinflusst.

Nutze mentale Bilder, um die materielle Realität zu verändern. Dazu malst du ein geistiges Bild – und lässt es dann los, um es zum passenden Zeitpunkt wieder auftauchen zu lassen – und erneut verschwinden zu lassen. So pflanzt du den Samen deines Bildes in dich selbst und auch in anderen. Kümmere dich um diesen Gedankensamen und gieße ihn – je öfter dein mentales Bild auftaucht, desto präziser wird es und desto mehr verfestigt es sich und wird zu Materie. Denke daran, dass du auch selbst aktiv werden musst – von nichts kommt nichts, trotz aller Zauberei! In manchen Fällen benötigst du viel Willenskraft, um dein Ziel zu manifestieren, besonders wenn auch andere dasselbe Ziel verfolgen.

4.   Das Gesetz der Entsprechung

“Wie oben so unten.”

Wie der Geist so der Körper. Die inneren Verhältnisse spiegeln sich im Außen wider, die äußeren Verhältnisse im Inneren. Beide sind voneinander abhängig. Der Makrokosmos (Geist) beeinflusst den Mikrokosmos (Körper) und umgekehrt. Der allerkleinste Teil enthält alles, was auch der allergrößte Teil enthält. Der menschliche Körper (Mikrokosmos) enthält alles, was auch der Kosmos (Makrokosmos) enthält.

Wenn der Geist (Makrokosmos) krank ist, wird auch der Körper (Mikrokosmos) krank, und wenn der Körper krank ist, wird es auch der Geist sein.

Auch hier zeigt sich wieder, wie sehr die Wissenschaft mit der geistigen Welt verwoben ist – auch, wenn sie die stark verknüpften Bande leugnet. Eine mentale Erkrankung zum Beispiel entsteht durch lang anhaltenden Stress. Bleibt die Situation lange bestehen, beeinflusst der mentale Zustand den Körper und es entstehen daraus Erkrankungen des Körpers.

Viele wissen um dieses Gesetz und machen es sich zunutze, indem sie durch die Bewegung der allerkleinsten Teile (Körper) das Große (Geist) beeinflussen oder durch die Bewegung der allergrößten Teile (Geist) das Kleine (Körper) beeinflussen.

Ein Beispiel für dieses Prinzip ist die Meditation. Wenn du durch die Meditation innerlich ruhig und zentriert wirst, spiegelt sich diese Ruhe in deinem Geist (Makrokosmos) auch in deinem äußeren Leben (Mikrokosmos) wider. Du wirst gelassener, ausgeglichener und kannst besser mit den Herausforderungen des Alltags umgehen. Diese Gelassenheit zieht neue Chancen in dein Leben. Ebenso kann auch körperliche Aktivität (Mikrokosmos) deinen Geist (Makrokosmos) positiv beeinflussen, indem es Stress abbaut und das allgemeine Wohlbefinden fördert. Du kannst dich dadurch besser konzentrieren, bist kreativer und hast mehr Energie für neue Projekte. 

5.   Das Gesetz des Rhythmus

“Das Leben ist wie ein Pendel. Es schwingt ohne Ablass hin und her und bleibt niemals stehen.”

Dabei ist der Ausschlag des Pendels auf die eine Seite das Maß des Ausschlags auf die andere Seite. Das beobachten wir auch in der Natur. Alles atmet ein und aus und wieder ein. Alles schwingt vor und zurück und wieder vor. Alles wird erschaffen, zerstört und wieder geschaffen. Jahreszeiten, Gezeiten, Jahre, Monate, Wochen, Tage, Stunden – alles kommt und geht – und kommt wieder. Der Mensch wird geboren und stirbt, um wiedergeboren zu werden.

Alles hat seine Zeit – der Rhythmus sorgt für den Ausgleich. Auf Enthusiasmus folgt Niedergeschlagenheit – und wieder Enthusiasmus, auf Mut folgt Angst – und wieder Mut. Das sind die Gezeiten der Gefühle. Auf Altruismus folgt Narzissmus – und wieder Altruismus, auf Annäherung folgt Rückzug – und wieder Annäherung. Das sind die Gezeiten der Gesellschaft. Auf Freiheit folgt Autoritarismus – und wieder Freiheit, auf Frieden folgt Konflikt – und wieder Frieden. Das sind die Gezeiten der Politik. Auf Glück folgt Unglück – und wieder Glück, auf Erfolg folgt Misserfolg – und wieder Erfolg. Das sind die Gezeiten des Lebens.

Viele Menschen wissen um das Gesetz des Rhythmus und verstehen es, ihre Gefühle zu beherrschen, indem sie die Intensität des Pendelausschlags kontrollieren.  

Stelle dir vor, du hast gerade ein großes Werk vollendet und bist erfüllt von Begeisterung und Tatendrang. Du fühlst dich unbesiegbar und euphorisch. Doch nach einigen Tagen bemerkst du, dass deine Kraft schwindet und du dich mehr und mehr ausgelaugt fühlst. Die Freude weicht der Müdigkeit und dem Zweifel. Du weißt, dass diese Schwankungen ein natürlicher Teil des Lebens sind und dem Gesetz des Rhythmus folgen. Du verstehst, dass das Pendel, das auf die eine Seite (Begeisterung) ausschlägt, unweigerlich auch auf die andere Seite (Ermüdung) ausschlagen wird.

Anstatt dich von diesen emotionalen Schwankungen überwältigen zu lassen, beschließt du, aktiv einzugreifen und den Ausschlag des Pendels zu zügeln. Während der Phase der Begeisterung nutzt du bewusst Techniken der Erdung und Selbstreflexion, um dich nicht zu sehr von der Euphorie forttragen zu lassen. Du nimmst dir Zeit für Meditation und ruhige Tätigkeiten, die dir helfen, ausgeglichen zu bleiben.

Wenn die Phase der Bedrückung eintritt, erkennst du sie als Teil des natürlichen Rhythmus an. Du übst dich in Selbstfürsorge, indem du dir Ruhe gönnst, dich ausreichend erholst und dich mit aufbauenden Tätigkeiten beschäftigst. Du erinnerst dich daran, dass auch diese Phase vorübergehen wird und das Pendel bald wieder in die andere Richtung schwingen wird.

6. Das Gesetz des Geschlechts

“Alles, was ist, ist sowohl männlich als auch weiblich. Nichts trägt allein männliche Attribute, nichts allein weibliche.”

Das Gesetz des Geschlechts ist eine Bestätigung des Gesetzes der Gegensätze und zeigt damit die hohe Bedeutung dieses Gesetzes an. Das Gesetz des Geschlechts lehrt uns, dass es nicht um die Betonung der Gegensätze, sondern um die Balance zwischen den beiden Kräften geht. Kein Geschlecht ist dem anderen überlegen. Es gibt kein Über- oder Unterordnen; beide Energien sind in ihrer Essenz gleichwertig und sollen in göttlicher Synthese verschmelzen, um Neues zu erschaffen.

Viele Menschen arbeiten daran, diese Harmonie aufrechtzuerhalten und Unausgewogenheit ins Gleichgewicht zu bringen. Sie geben sowohl ihren weiblichen als auch ihren männlichen Anteilen Raum. Sind beide Teile ausgeglichen, bist du in deiner vollen Kraft.

Anstatt nur körperliche Stärke (männliche Energie) zu entwickeln, widme dich auch der geistigen Stärke (weibliche Energie). Praktiziere sowohl körperliche Aktivitäten als auch spirituelle und kreative Praktiken. Indem du beide Aspekte deiner Energie ausbalancierst, erreichst du ein ganzheitliches Wohlbefinden und maximale persönliche Kraft.

7.   Das Gesetz von Ursache und Wirkung

“Alles, was du tust, hat eine Ursache und eine Wirkung. Alles, was geschieht, hat eine Ursache und eine Wirkung. Jeder einzelne Gedanke hat eine Ursache und eine Wirkung. Zwischen allen Geschehnissen gibt es immer einen Zusammenhang.” 

Viele wissen um dieses Gesetz und nutzen es, um sich selbst und ihr Leben nach ihren Wünschen zu gestalten, und um das zu erreichen, was sie wollen. Sie werden selbst zur Ursache und beeinflussen die Gedanken anderer. Sie erschaffen ihre eigenen geistigen Bilder und arbeiten daran, diese zu verwirklichen. Sie haben Respekt vor diesem Gesetz, da sie wissen, dass es sowohl für das Gute als auch für das Schlechte eingesetzt werden kann. 

Du strebst danach, erfolgreich zu sein, und beschließt, deine geistigen Kräfte zu nutzen, um dieses Ziel zu erreichen. Du weißt, dass jeder Gedanke und jede Tat eine Wirkung hat und beginnst, gezielte Taten und gute Gedanken zu setzen. Durch stete Übung wandelst du dich. Du wirst selbstsicherer und triffst Entscheidungen, die deinem Erfolg zuträglich sind, und ziehst Gelegenheiten und Menschen an, die dich auf deinem Pfad unterstützen.


Bild: KI, inspiriert von “Avis Mercurii” (“Hermeswesen”), aus dem Buch “Theatricum Chemicum Brittanicum” (zu deutsch: “Britisches Chemisches Theater“) von  Elias Ashmole 17. Jahrhundert