…mit seinen Figuren, darin alle Anzeigung von dem Lapide Philosophorum beschrieben wird
Der wird in sieben Teil geteilt
Von Salomon Trismosin, 15. Jahrhundert. Freie Interpretation von Alvisi vom Roten Stein.
Ich bin der Weg und die ebene Straßen,
der mich kann gehn ungestrauchet, ohn Rasten,
der trifft gute Herberg bei Tag und bei Nacht,
ich werd auch hoch von ihm geacht,
denn welcher seinem Weg folget,
der kommt zu einem guten End.
AMEN
Vorrede
Alphidius, der Alten Weisen einer, spricht, wie einer sich nicht was vormalen kann in der Kunst des Steins der Philosophen, dem ist mehr Nutz, dass er sich nicht darin übe, denn dass er etwas versuche. Dergleich redet Rhazes im Buch Lumen Luminum: Es ist sich mit Fleiß zu verbieten, ich ermahne Sie auch hiermit am höchsten, dass sich niemand vermesse zu unterstehn, die unbekannte Vermischung der Element! Und das will auch Rosinus, sprechend, alle die sich einlassen in diese Kunst mit mangelndem Verständnis und Erkenntnis der Dinge, welche die Philosophen in ihren Büchern geschrieben haben, die sind unverständlich. Denn die Philosophen haben dieser Kunst grundgesetzt einen natürlichen Anfang, aber verborgner Wirkung.
Wiewohl, es ist offenbar, dass alle leiblichen Ding ihre Ursprung aus der Erden nehmen, dergleichen auch ist das Wesen nach Ordnung der Zeit, so der Influenz des Gestirns oder Planeten – als das sind Sonne und Mond und die anderen mitsamt den 4 Qualitäten der Element, die sie ohne Unterlass bewegen. Dadurch hervorgebracht werden aller und jeder wachsend und gebärender Ding mit einem sonderlichen Geschlecht und Gestalt in eigner Substanz, als solches im Anfang der Beschaffung von Gott dem Schöpfer geschaffen und gesetzt ist. Demnach so nehmen auch alle Metall ihren Beginn aus der Erden, in einer sondern und eignen Materie, zusammengeschlossen aus den 4 Eigenschaften der 4 Elemente, mit Einpflanzung der metallischen Kräfte und ihrer Versammlung von Einflüssen der Planeten darauf. Als solches wohl beschreibet der natürliche Meister Aristoteles im 4 Buch Metheorum, wo er redet, wie das Quecksilber sei eine gemeinsame Materie aller Metalle. Aber es ist zu wissen, dass in der Natur das Erste ist die Materie, zusammengehäuft aus den 4 Elementen, allein nach Erkenntnis und Eigenschaft der Natur. Dieselbige Materie heißen die Philosophen Mercurium oder Quecksilber.
Es sei nicht zu wissen, wie ein Mercurius durch Wirkung der Natur zu einer vollkommnen Form des Golds, des Silbers oder anderer Metalle kommt, nicht allhie. Das beschreiben die natürlichen Lehrer ganz klärlich und genügsam in ihren Büchern, auf solche ist gesetzt und gegründet die Kunst des Steins der Weisen. Denn sie hat ihren Anfang in der Natur. Daraus folget auch ein natürlich End in gerechter Form durch gerechte, natürliche Mittel.
Figur 1 – Original – Figur 1 – Freimaurer
Hernah folget vom Ursprung des Steins der alten Weisen und wie das mit Kunst vollbracht wird
Tractatus primus
Das erste Traktat
Original: Dieser Stein der Weisen wird hervorgebracht durch den Weg der grünenden Natur. Davon redet Hali der Philosoph, wenn er spricht, dieser Stein gehet zurück auf sein wachsendes und grünendes Ding. Das Grünen wird wieder rückwärts gebracht auf die Natur, wodurch ein Ding besser, vollkommner und grüner wird zu seiner Zeit. Dafür muss man in aller Heimlichkeit der Kunst kochen und fäulen, sodass dass man durch Kunst Natur erzeuge, die dann kochet und fäulet für sich selber. So lang, bis dass ihr die Zeit die rechte Form gibt.
Interpretation:
Der Stein der Weisen ist in der Natur verborgen. Mit seiner Kraft findet man der Weg zur Urquelle allen Seins und kann Dinge besser und vollkommener machen. Um Formen zu erschaffen, muss man die Kunst in aller Heimlichkeit ausüben. Wer dafür genügend Zeit und Geduld aufbringt, der erschafft Materie.
Original: Die Kunst ist nichts als ein Werkzeug und Bereiterin der Materie. Die Materie, welche die Natur auf ein solches Werk geziemet. Dazu dienen auch die geziemlichen Gefäße. Und misst zur Wirkung die vorbedachte Klugheit mehr denn die Kunst, wenn man sich vornimmt, vor neuem Anfang Gold und Silber zu machen.
Interpretation:
Die Kunst ist nichts als ein Werkzeug und Bereiterin der Materie. Wirksam wird sie jedoch nur bei dem, der sie mit Klugheit anzuwenden vermag.
Original: So sie den ersten Anfang den Dingen nicht geben mag, also ist auch nicht vonnöten, dass man die Kunst der natürlichen Sekrete und Griffe der Mineralien kennt, denn sie haben in der Erden ihren ersten Anfang. Die Kunst hat einen anderen Weg, nicht den der Natur, und darum hat sie auch ein anderes Werkzeug.
Interpretation: Um Materie zu erschaffen, ist es nicht notwendig, die natürlichen Sekrete und Mineralien zu kennen, denn sie haben ihren Ursprung in der Erde. Die Kunst hat einen anderen Weg: Nicht denselben wie die Erde. Darum bedient sie sich auch eines anderen Werkzeugs.
Original: Und danach gebärt auch die Kunst aus den vorhergehenden natürlichen Wurzeln im Anfang der Natur sonderliche Ding, welches die Natur durch sich selbst nimmermehr gebären möchte. Denn die Natur mag durch sich selbst nicht gebären die Ding, durch welche die Metalle von der Natur unvollkommen möchten geboren werden. Sie könnten eilend augenscheinlich vollkommen gemacht werden – eben durch die Heimlichkeit der Kunst, aus zeitlicher Materie geboren.
Interpretation: Mit diesem Werkzeug, das zwar in der Natur wurzelt, aber über sie hinauswächst, lassen sich wunderbare Dinge hervorbringen – eine Materie, zu der die Erde aus eigener Kraft niemals imstande wäre. Denn was die Erde allein hervorbringt, bleibt unvollkommen; erst durch die Mitwirkung der Kunst vermag sie das Vollkommene zu erschaffen.
Original: Durch die Natur dienet die Natur der Kunst, und hin wiederum die Kunst der Natur. Mit zeitlichem Werkzeug und mit solcher Wirkung, und wer weiß, welche der Natur bequem ist, dass ein solche Form gemacht wurde. Und wiewohl das mit Kunst muss zugehen, dass ebendieser Stein zu seiner Form kommt durch Kunst.
Interpretation: Die Erde dient der Kunst – und umgekehrt dient auch die Kunst wiederum der Erde. Der Stein der Weisen bekommt erst durch diese Kunst seine Form.
O: Demnach ist die Form von der Natur, denn ein jede wesentliche Form eines jeden Dings – tierisch, wachsend oder metallisch – die entsteht aus innerlicher Macht der Materie. Nur die menschliche Seele nicht.
I: Die Form kommt von der Erde, denn jede Form, sei sie menschlich, tierisch, pflanzlich oder metallisch, entsteht aus der inneren Macht der Materie. Nur die menschliche Seele nicht.
O: Aber es ist zu merken, dass die wesentliche Form nicht entstehen mag in der Materie. Es geschehe dann mit Wirkung einer zufälligen Form – nicht aus der Kraft derselben, sondern aus der Kraft einer anderen wirkenden Substanz, welche ist das Feuer oder eine andere zufällige Wärme, die da wirkt.
I: Die wesentliche Form – die Urform oder die Idee der Form – entsteht jedoch nicht durch die Erde. Sie entsteht durch das Element Feuer.
O: Dies nennen wir das Gleichnis vom Ei der Henne, in dem entsteht die wesentliche Form durch Putrefaction. Die zufällige Form, die da ist ein Vermischen des Roten und des Weißen durch die Kraft der Wärme wirkt in dem Ei. Wiewohl das Ei ist die Materie der Henne, stehet darin dennoch nicht fest die Form, die wesentlich oder zufällig erst durch die Fäulung entsteht, welche wiederum durch die Wärme entsteht. Ebenso entsteht durch Wärme auch die natürliche Materie des Steins. Die wesentliche Form entsteht nicht ohne Fäulung oder Kochung. In welcher Gestalt diese Fäulung auftritt, folget hernach.
I: Wir nennen dies das Gleichnis vom Hühnerei, in welchem die Form erst durch Wärme – also durch das Element Feuer – entsteht. In dem Ei wirkt die Kraft, die durch das Vermischen des weiblichen mit dem männlichen entsteht. In dem Ei, das aus der Materie der Henne entstanden ist, wächst ein neues Huhn heran, dessen Form noch nicht feststeht. Die Form des Huhns ensteht im Wesentlichen erst durch Fäulung – welche wiederum durch Wärme (also durch das Element Feuer) ausgelöst wird. Ebenso entsteht auch der Stein der Weisen durch das Element Feuer, denn die wesentliche Form des Steins entsteht nicht ohne Fäulung. In welcher Gestalt diese Fäulung auftritt, folgt später.
O: Die Fäulung oder Putrefaction geschieht mit aufwändiger Hitze in einem Ding, in welchem durch die natürliche Hitze oder Wärme eines Dings die Feuchte wird herausgezogen. Es geschieht auch die Fäulung gleichermaß durch Kälte, so die natürliche Hitze von der Kälte zerstört wird. Das ist eigentlich eine Tötung, denn ein jeglich Ding erhält sich durch natürliche Wärme.
I: Durch die Wärme wird Feuchtigkeit aus einem Ding herausgezogen. Fäulung geschieht aber auch durch Kälte. Und zwar dann, wenn die natürliche Wärme eines Dings durch die Kälte zerstört wird.
O: Nun geschieht solche Fäulung gewiss in feuchten Dingen. Von der Fäulung redet nicht die Philosophie, sondern von der Befeuchtung und Eintrocknung, wodurch die trockenen Dinge zu ihrem feurigen Stande kommen, auf dass sie grünen und wachsen können oder mögen.
I: Fäulung geschieht in feuchten Dingen, wodurch diese zu ihrem feurigen Status gelangen, infolgedessen sie wachsen können.
O: In der Fäulung wird die Feuchtigkeit mit der Trockenheit vereinigt – und nicht zerstört. Ganz so, dass die Feuchte die trockenen Teile zusammenhält. Das ist eigentlich eine Zerreibung. Wo die Feuchte ganz und gar von der Trockenheit geschieden wurde, dort ist vonnöten, die trockenen Teile abzuscheiden und in Asche zu verwandeln.
I: In der Fäulung findet jedoch keine Zerstörung, sondern eine Vereinigung statt: Es vereinigt sich die Feuchtigkeit mit der Trockenheit. Die Feuchtigkeit hält die trockenen Teile zusammen. Dort, wo die Feuchtigkeit vollkommen von der Trockenheit getrennt wurde, entsteht Asche.
O: Diese Incernation, diese Vermischung wollen auch die Philosophen nicht haben, sondern sie wollen, dass ihre Fäulung, ihre Eintrocknung, Zerreibung und Calcinierung so geschehe, dass die natürliche Feuchte und Trockenheit miteinander vereinigt, von überflüssiger Feuchtigkeit gesondert und zerstörerische Trockenheit ausgezogen wird. Gleich als wie die Speise, die in den Bauch kommt, und dort zerstört wird, um daraus zu ziehen die nährende Kraft. Wo die Feuchtigkeit die Natur erhält und gemehret wird, während ihre überflüssigen Teile abgesondert werden. Jedoch will ein jedes Ding gespeiset sein der Eigenschaft seiner Natur nach. Das soll vorausgeschickt und für ebendiesen Stein der Weisen gemerket werden.
I: Asche wollen auch die Philosophen nicht haben. Sie wollen durch das Herausziehen der überflüssigen Feuchtigkeit und Trockenheit eine Vereinigung derselben erreichen. Ein Prozess, der mit unserer Verdauung veranschaulicht werden kann: Die Speise kommt in den Magen und wird in zwei Teile aufgespalten: In jene, aus denen nährende Kraft gezogen werden kann und jene, die als überflüssige Teile abgesondert werden.
Figur 2 & 3 – Original – Figur 2 – Freimaurer – Figur 3 – Freimaurer
Tractatus secundus
Das zweite Traktat
O: Morienus spricht, ihr sollt wissen, dass sich das ganze Werk dieser Kunst in zwei Geschicklichkeiten mündet. Sie hängen aneinander; wenn das eine ist verrichtet, fängt das andere an und wird wieder vollendet. So ist die Meisterschaft vollkommen. Aber sie begeben sich dann nicht in ihre eigene Materie. Um das zu verstehen muss man als erstes wissen, dass die Natur, wie Geber sagt, im Mercur sei, von der Schöpfung der Metalle wirket und die Metalle aus Quecksilber und Schwefel seien, und genau das will auch Ferarius sagen in der Frage zur Alchemie im 25 Kapitel. Dass die Natur von Anbeginn den natürlichen Metallen gebührt. Nimm im Feuer ein schleimiges Schwerwasser, vermische es mit gar weißer, behender, schwerlicher Erde – was Kunst erfordert – und erhebe das in den Adern oder Kluften der Erde, koche oder dunste sie zuhauf, festige die Feuchtigkeit, und trockne alles, damit es sich also miteinander vereinigt, bis daraus wird eine Substanz, die man nennt Quecksilber. Und das ist nun der Beginn und die allererste Materie der Metalle, als auch oben gemeldet ist.
I: Morienus sagt, dass sich das ganze Werk dieser Kunst in zwei Bestandteile aufteilt. Sie gehören zusammen. Nur gemeinsam ist die Meisterschaft vollkommen: Schwefel und Quecksilber. Rot und Weiß. Sonne und Mond. Mann und Frau.
O: Darum redet er abermals in dem 26. Kapitel, da er spricht: Die da wollen nachfolgen der Natur, die sollen nicht nehmen Quecksilber allein, sondern Quecksilber und Schwefel gemeinsam zuhauf. Mischt nicht das gemeine Quecksilber mit Schwefel, sondern das, was die Natur zuhauf gemischt hat, wohlbereite es und koche es in steter Flüssigkeit. In einem solchen Quecksilber hat die Natur mit erster Wirkung angefangen – und geendet in eine metallische Natur. Und hat sie damit aufgehört, dann hat sie das Ihre vollbracht und alles der Kunst gelassen, dasselbe zu vollenden in einem vollkommenen Stein der Philosophen.
I: Wer es der Natur gleichtun will, der nimmt daher das Männliche und das Weibliche zu gleichen Teilen.
O: In den Worten ist einem kundbar, dass, welcher will recht fahren, in dieser Kunst als auch in aller Philosophie, der soll anheben da, wo die Natur hat aufgehört, und soll nehmen den Schwefel und das Quecksilber, den die Natur in der reinsten Form gemischt hat. Dann geschieht gar geschwind die Vereinigung, die sonst niemand durch die Kunst so bereiten mag. Und das hat die Natur alles um der Gebärung der metallischen Form getan.
I: Nimm einen Mann und eine Frau. Dann geschieht die Vereinigung, welche Neues gebiert.
O: Aber dieselbe Materie, die von der Natur informiert ist, kommt der Kunst zugute und der Empfängnis Willen – der Kraft, die sich dann behände in solche Materie legt, und danach calziniert. Das Gold, auf dass es etliche Alchemisten bringen, ist eine geistige, subtile Natur. Es ist reinstes Quecksilber und Schwefel. Und das ist dann die allernächste Materie, die sich mit dem Gold am Allernächsten vergleicht.
I: Ebendiese Elemente – das Weibliche und das Männliche – kommen der Kunst zugute. Aus ihnen entsteht die Kraft, die Materie erschafft. Das Gold, auf das es etliche Alchemisten bringen, hat eine rein geistige, subtile Natur. Es ist das reinste Männliche und Weibliche. Das, was daraus entsteht, ist die Liebe. Und das ist, was sich mit dem Gold am Allernächsten vergleicht.
O: Um zu empfangen die Form des verborgenen Steins der Philosophen, sagt Aristoteles in der Rede zum König Alexander: Wollt ihr unseren Stein nehmen, das Gold, und damit die Könige zieren und thrönen.
I: „Um den verborgenen Stein der Weisen zu empfangen“ sagt Aristoteles in der Rede zum König Alexander „sollt ihr unseren Stein nehmen, das Gold, und damit die Könige zieren und thrönen.“
O: Obwohl dieser Mercurius, dieses Quecksilber, allein die Materie und einiges Ding ist, so ist doch das Ding so mannigfaltig in seiner Wirkung und in seinem Namen, dass sich niemand danach richten kann. Und das ist auch, warum da Rosinus spricht, dass nicht jeder dazu kommen wird. Es ist auch zu gleicher Weise ein Werk der Wirkung. Und ein Fass zum Vergleich aller Dinge, die so in der Natur vorkommen.
I: Obwohl alle Materie aus dem Element Wasser besteht, ist jedes einzelne Ding einzigartig. Das ist der Grund, warum Rosinus sagt, dass nicht jeder die Kunst erlernen wird können. Die Kunst ist ein Werk der Wirkung. Und ein Fass, gefüllt mit all den Ideen der Dinge, die in der Natur vorkommen.
O: Dann also reden die Philosophen: Löse es auf, sodass es sublimiert, also destilliert, und dann destiliere und coaguliere es, lass es auf- und niedersteigen, trockne es ein, trockne es ab. Der Geschicklichkeit, die sie nennen, sind unzählbar viele, welche doch alle gleichermaßen miteinander und in einem Gefäß vollendet werden. Das meint auch Alphidius und spricht: Du sollst wissen, wenn wir auflösen, sublimieren, also destillieren wir es auch – und calzinieren es ohne Unterlass der Zeit. Wir reinigen und fügen unser Werk hinzu. Und er redet weiter also: Wenn unser Körper wird in das Wasser geworfen, dass er aufgelöst werde, so wird er bald schwarz und scheidet sich, und wird zu einem Kalk, und sublimiert sich und löst sich auf mit dem Geist.
I: Die Philosophen sagen: Löse es auf. Trenne es. Destilliere es. Lass es auf- und niedersteigen. Trockne es ein. Die Materie kann in unzählbar viele Bestandteile zerlegt werden. Alphidius sagt dazu, dass du jedes Mal, wenn du etwas auflöst, es auch gleichzeitig trennst. Du reinigst es und fügst dein Werk hinzu. Weiters sagt er, dass unser Körper, wenn er ins Wasser geworfen wird, sich auflöst. Er wird schwarz, löst sich auf und trennt sich vom Geist.
Figur 4 – Original – Figur 4 – Freimaurer
Nun folget das ganze Werk dieser Kunst oder Meisterschaft und wird durch etliche Gleichnisse, Figuren, Exkurse und mannigfaltige Sprüche der Philosophie Philosophorum angezeigt.
Tractatus tertius
Das dritte Traktat
O: Hermes, ein Vater der Philosophen, spricht: Es ist, dass ein Ende dieser Welt, des Himmels und der Erden zuhauf kommen wird. Es kann niemand durch den Himmel und die Erde – mitsamt den zwei Geschicklichkeiten nicht.
I: Hermes, der Vater der Philosophen, sagt: Diese Welt, der Himmel und die Erde, haben ein Ende. Daran kommt niemand vorbei – trotz Kenntnis der zwei Bestandteile.
O: Aber es entstehen auch viele Zufälle in der Arbeit, ehe sie zu Ende gebracht. Durch Gleichnis der Figuren können diese verstanden werden.
I: Bei der Arbeit am Stein der Weisen passieren auch immer wieder Zufälle. Diese können durch das Gleichnis der Figuren verstanden werden.
O: Wie die Folgenden ist dies das erste Gleichnis: Gott hat zuerst die Erde erschaffen. Zuerst noch schlecht und fett, und fruchtbar – ohne Geist. In Sand, Stein, Berg und Tal ist dann die Erde durch Einfluss der Planeten und Wirkung der Natur verwandelt worden in mancherlei Gestalt. Auswendig von harten Steinen, hohen Bergen und tiefen Tälern, inwendig von seltsamen Dingen und Farben – als nämlich sein die Erz und ihre Beginn. Und mit solchen Dingen ist die Erde ganz aus erster Form kommen. Und dass hat sich ergeben aus solcher Sachen.
I: Dies ist das erste Gleichnis: Gott hat zuerst die Erde erschaffen. Zuerst war sie noch dunkel und ohne Geist. Nach und nach hat sich die Erde durch den Einfluss der Planeten und die Wirkung der Natur in Sand, Stein, Berg und Tal verwandelt. Was außen harter Stein, hoher Berg und tiefes Tal ist, ist innen – das lehren uns die Erze – voller wunderbarer Dinge und Farben. Durch dieses Zusammenspiel hat sich die Erde zu dem entwickelt, was sie heute ist.
O: Erstlich: So doch die Erde dick, groß, tief, lang, weit und breit ist, so ist doch durch stete Sonnenhitz darinnen geschwollen ein hitziger Dunst und eine dämpfige Wärme, welche die Erde bis zum Abgrund durchdrungen hat. In der Kälte und Feuchtigkeit der Erde hat sich ein starker Dunst gebildet, neblig und luftig in der Erde eingeschlossen. Nach einer langen Zeit ist der Dampf so stark geworden, dass die Erde es nicht länger in sich behalten konnte.
I: Im Inneren der Erde schwoll das Wasser durch die Sonnenhitze zu Dunst an. Es bildete sich ein starker, nebliger Dampf, der in der Erde eingeschlossen war. Nach einer langen Zeit wurde der Dampf so stark, dass die Erde ihn nicht mehr im Inneren behalten konnte.
O: Nachdem sie das natürliche Begehren haben, es über sich zu bringen, und da sie an den Enden der Erde viel beieinander gewesen sind, ist ein Teil des Erdreichs zu einem Haufen geworden, der zu Hügeln, zu Bergen und zu tiefem Tal geworden sind. Dort, wo an den Enden solche Hügel und Berge sind, daselbst ist die Erde am allerbesten mit der Hitze, Kälte Feuchte und Trockenheit gekocht, gesotten und vermengt worden und daselbst wird auch das beste Erz gefunden.
I: Zuerst bildeten sich an den Erdrändern Haufen. Diese wurden nach und nach zu Hügeln, und irgendwann bildeten diese Berge und Täler. Dort, wo die Berge am höchsten sind, da wurde die Erde am stärksten vom Element Feuer bearbeitet. Dort wurden auch die besten Erze gefunden.
O: Wo aber die Erde eben ist, da hat sich kein Dunst und Rauch gehäuft, darum ist es auf der Oberfläche des Erdreichs besonders schleimig, lehmig und fettig. Da hat sich die Feuchtigkeit von oben herunter gedrungen. Davon ist die Erde dann wieder weich geworden und hat sich, teigweiß, fest übereinander gesetzt und wurde durch die Sonnenhitze auf längere Zeit ausgetrocknet, was sie immer mehr und mehr gefestigt, gehärtet und gebacken hat.
I: Dort, wo die Erde eben geblieben ist, da hat sich kein Dunst und Rauch angehäuft. Darum ist es an der Oberfläche dieser Stellen besonders lehmig. Die Feuchtigkeit drang dort von oben nach unten in die Erde ein. Davon wurde die Erde weich und teigweiß. Erst die Sonnenhitze trocknete sie mit der Zeit aus. Die Erde wurde durch die Sonnenhitze gebacken und mit der Zeit ausgehärtet.
O: Welches Erdreich aber brüchig und mörb wie feiner Grieß oder Sand, und noch weich ist, das hänget aneinander wie Trauben. Dieselbige Erde ist zu mager, um fett zu sein. Darum ist sie jetzt und nicht genug übereinander gebacken und bleibt also knollig, wie ein unzerriebenes Mus oder ein mehliger Teig, der zu wenig begossen wurde. Dann kann kein Erdreich zu Stein werden. Nur durch fette Schleimigkeiten oder schleimige Erde, und wohl mit Feuchtigkeit begossen und vermengt. Dann noch ausgetrocknet das Wasser durch die Sonnenhitze, die Feuchtigkeit hält die Erde beieinander, ansonsten bleibt sie morb und brüchig.
I: Dort, wo das Erdreich aber noch brüchig und körnig wie feiner Grieß oder Sand ist, wird sie zu Stein.
O: Was noch nicht vollkommen hart geworden ist, wird noch heutzutag durch stete Wirkung der Natur und Sonnenhitze zu hartem und festem Steinen werden. Auch wird der genannte Rauch und Dunst, der sich erstmals hat ergeben, der aus den Eigenschaften der Elemente in die Erde eingeschlossen wurde, durch die Natur und den Einfluss der Sonne und anderer Planeten gekocht.
I: Und das, was heute noch nicht vollkommen hart geworden ist, das wird in Zukunft durch stete Wirkung der Natur und der Wirkung der Sonnenhitze zu hartem und festem Stein.
O: Und wenn der wässerige Dunst auf ein reines, subtiles Erdreich übergreift, so wird daraus der Philosophen Quecksilber. So sie aber hervorbringen eine feurige, erdige, subtile Härte, so wird daraus der Philosophen Schwefel. Von dem Schwefel schloss wohl Hermes, als er sprach: Es wird empfangen die Kraft der obersten und untersten Planeten und mit ihrer Kraft durchgeht er starke Ding und überwindet alle Ding und alle wunderbaren Steine.
I: Dort, wo der Dunst auf weiches Erdreich trifft, wird daraus Quecksilber. Dort, wo sie aber auf feurige Härte trifft, wird daraus Schwefel. Davon spricht auch Hermes, als er von den obersten und untersten Planeten spricht, und damit das Prinzip der Analogie meint. Wie oben so unten.
Figur 5 – Original – Figur 5 – Freimaurer
Ein anderes Gleichnis
O: Hermes, der erste Meister dieser Kunst, spricht also: Das Wasser der Luft, das da ist zwischen Himmel und Erde, das ist eines jeden Dings Leben. Denn durch seine Feuchtigkeit und Wärme ist dies das Mittel der zwei Gegensätze, dem Feuer und dem Wasser.
I: Hermes, der erste Meister der Kunst, spricht: Aus dem Wasser entsteht ein jedes Leben, wenn Hitze darauf trifft. Denn ein jedes Leben entsteht durch die zwei Gegensätze Feuer und Wasser. Rot und Weiß. Sonne und Mond. Schwefel und Quecksilber. Mann und Frau.
O: Und dasselbige Wasser hat herabgeregnet auf die Erde. Der Himmel hat sich aufgetan und bildete Tau auf der Erde. Davon ist sie süß geworden wie ein Honig, und befeuchtet.
I: Das Wasser regnet auf die Erde herab. Durch den Dunst bildet sich Tau, der die Erde befeuchtet und süß macht wie Honig.
O: Dasselbige Blut bringt mancherlei Farben und Früchte, und in ihrer Mitte ist gewachsen ein großer Baum mit einem silbernen Stamm, der sich ausbreitete auf die Orte der Welt. Auf seinen Ästen sind gesessen so mancherlei Vögel, die alle gegen den Tag sind abgeflogen und des Raben Haupt ist weiß geworden. Derselbige Baum bringet vielerlei Früchte – das erste sind allerfeinste Perlein, das andere ist das Blattwerk – von den Philosophen Terra foliata genannt, das dritte ist das feinste Gold. Dieser Baum gibt auch Früchte der Gesundheit: Macht warm, was kalt ist – das Warme macht er kalt. Das Trockene macht er feucht und das Feuchte trocken. Das Harte macht er weich und das Weiche hart.
I: Aus diesem Himmelsblut entstanden mancherlei Farben und Früchte, und in ihrer Mitte wuchs ein großer Baum mit einem silbernen Stamm, dem Baum der Erkenntnis, der sich ausbreitete über die ganze Welt. Erkenntnis trägt vielerlei Früchte. Auch die Früchte der Gesundheit. Und wer von seinen Früchten kostete, erlebte eine Transformation. So wie der Rabe: Sein schwarzes Haupt wurde weiß. Seine Unwissenheit wich der Erkenntnis.
O: Davon redet die Aucta der dreyen Wort: Die drei feuchten Steine – drei köstliche Worte der ganzen Meisterschaft. Das meinte auch Galenos als er redete von dem Kraut Lunatica oder Berißa, auch Eisenkraut genannt. Seine Wurzel ist eine metallische Erd, hat einen roten Stängel, mit einer Schwärze belegt oder wesentlich befleckt. Es nimmt auch leicht ab, gewinnt oder bekommt zeitig Blüten. Nach drei Tagen, so man es tut in Quecksilber, so verändert es sich in vollkommenes Silber. Und so man es weiter einweicht, so verkehrt es sich in Gold. Dasselbe Gold verkehrt 100 Teile in das allerfeinste Gold. Von diesem Baum meldet Vergilius im 6. Buch Aeneis, so er redet in seiner Fabel, wie Aeneas und Silvius gingen zu einem Baum, der hatte goldene Zweige. Und so oft man einen Zweig abbrach, wuchs ein anderer an seiner statt.
I: Wer vom Baum der Erkenntnis isst, wird so gesund und unverwundbar wie der Baum selbst, welcher, sobald jemand einen Zweig von ihm abbricht, einen neuen nachwachsen lässt. Ganz so, wie es Virgilius‘ Fabel von Aeneas und Silvius und dem Baum mit den goldenen Zweigen erzählt.
Figur 6 – Original – Figur 6 – Freimaurer
Das dritte Gleichnis
O: Avicenna spricht in dem Kapitel von der Feuchtigkeit. Die Hitze, so sie wirket in einem feuchten Körper, so gebiert sie im Ersten eine Schwärze. Aus dieser Ursache haben die Alten gesehen von weitem aufgehen einen Nebel, der die ganze Erde überzog und feuchtete. Und sie sahen auch die Ungestüme des Meeres. Die Wasser flossen über das Angesicht der Erde, und wurden faul und stinkend in der Finsternis.
I: Avicenna erzählt von einem Nebel, der die ganze Welt überzog. Aus ihm erquoll ein wildes, ungestümes Meer, das die ganze Erde in Finsternis hüllte.
O: Auch sahen sie sinken den König der Erde und hörten denselben mit begierlicher Stimme rufen: Wer mich erlöst, wird mit mir ewiglich leben und regieren in meiner Klarheit auf meinem königlichen Stuhl.
I: Das Meerwasser spülte alles hinweg – auch den alten Erdenkönig.
O: Und die Nacht umgab alle Ding. Des andern Tags sahen sie über dem König aufgehen einen scheinbaren Morgenstern. Und das Licht des Tags erleuchtete die Finsternis. Die klare Sonne kam durch die Wolken und warf mancherlei Gestalt und Farben mit ihren Sternen, und glänzende Ringe, und ein wohlriechender Geschmack, vor allem Bisam, ging von der Erde aus.
I: Aus der Finsternis wurde Licht – aus der Nacht wurde Tag. Ein Morgenstern erhellte die Finsternis und die Sonne kam aus den Wolken hervor. Die Erde wurde hell und freundlich.
O: Und die Sonne erglänzte klar, und in dieser Zeit wurde der König aller Erden erlöst und erneuert, war sodann wohl geziert und ganz hübsch anzusehn, sodass seine Schönheit sogar Sonne und Mond in Verwunderung versetzte. Er war gekrönet mit dreien kostbaren Kronen; eine gemacht aus Eisen, eine aus Silber und eine aus Gold. Sie sahen in der rechten Hand einen Scepter mit 7 Sternen. Die gaben einen glühenden Glanz. In seiner linken Hand hielt er einen goldenen Apfel, und darauf saß eine weiße Taube, deren Schwingen versilbert und Flügel von goldener Farbe war.
I: Der Sonnenglanz traf auch auf den König, der plötzlich in wunderschönem Licht erstrahlte. Er war gekrönt mit drei kostbaren Kronen: Eine aus Eisen, eine aus Silber und eine aus Gold. In der Hand hielt er ein Zepter mit 7 Sternen, die in der Sonne strahlten. In seiner linken Hand hielt er einen goldenen Apfel, und darauf saß eine weiße Taube.
O: Davon sprach Aristoteles also, wenn er sagte, die Zerstörung eines jeden Dings ist die Geburt eines andern. Das heißt so viel: Die meisterliche Kunst, insbesondere die der zerstörerischen Feuchtigkeit, erneuert mit ebendieser Feuchtigkeit, was wiederum zu Vollkommenheit und Leben führt.
I: Dieses Gleichnis gibt wieder, was Aristoteles meinte, als er sagte, jede Zerstörung ist auch eine Erschaffung, jeder Tod ist auch eine Geburt.
Figur 7 & 8 – Original – Figur 7 – Freimaurer – Figur 8 – Freimaurer
Das vierte Gleichnis
O: Menaldes Philosophus spricht: Ich gebiete allen meinen Nachkömmlingen, die Körper geistig zu machen durch die Auflösung, und die vergeistigten Dinge zu verkörpern durch eine linde Kochung. Davon redet Senior also: Der Geist löst auf den Körper, und in dieser Auflösung zieht er die Seele aus dem Körper und verkehret den Körper in die Seele. Und die Seele wird verwandelt in den Geist, und der Geist soll wieder zugefügt werden dem Körper. Denn so bleibt er beständig mit dem Körper, während der Körper wieder vergeistigt mit der Kraft des Geistes. Das geben die Philosophen zu verstehen, die in einer solchen Signatur oder Figur:
I: Menaldes Philosophus und Senior sprechen davon, dass der Geist den Körper auflöst, und im Rahmen der Auflösung zieht der Geist die Seele aus dem Körper. Der alte Körper löst sich auf, während die Seele sich erneut verkörpert.
O: Sie sahen einen Menschen, der war schwarz wie ein Mohr, der steckte in einer Letten oder in schwarzem, unsauberem, übelschmeckendem Schleim. Dem kam zu Hilfe eine junge Frau, schön von Angesicht, noch schöner vom Leibe und aufs Schönste geziert mit Kleidern, die waren mit mancherlei Farben. Sie war mit weißen Flügeln geziert auf ihrem Rücken, die Federn waren gleich denen der allerschönsten weißen Pfauen und hatte goldene Spiegel, und die Flügel waren geschmückt mit feinen Perlen.
I: Das verdeutlichen die Philosophen in einer menschlichen Figur. Die Figur ist schwarz und steckt in einem übelriechenden Schleim. Dieser Figur kommt eine junge, schöne Frau mit Engelsflügeln zu Hilfe.
O: Sie hatte eine Krone auf ihrem Haupt aus reinem Gold, und auf der Krone einen silbernen Stern. Um ihren Hals hatte sie ein Halsband von feinem Golde, darin war versetzt der alleredelste Rubin, den kein König vermag zu bezahlen. Sie hatte an ihren Füßen goldene Schuh und von ihr ging aus der alleredelste, aromatischste Duft. Sie bekleidete den Menschen mit einem Purpurkleid und führte ihn mit ihr gen Himmel. Davon redet Senior also. Es ist ein lebendig Ding, das nicht mehr stirbt, wenn es mit einer ewigen Vermehrung geübet.
I: Sie bekleidet den Menschen und nimmt ihn mit in den Himmel. Der Mensch stirbt also nicht, sondern lebt ewig.
Figur 9 – Original – Figur 9 – Freimaurer
Das fünfte Gleichnis
O: Die Philosophen geben zu dieser Kunst zwei Körper, nämlich Sonne und Mond – welches ist die Erde und das Wasser. Sie heißen auch Mann und Frau. Und sie gebären 4 Kinder: Zwei Buben – das sind Hitze und Kälte, und zwei Mädchen – das sind Feuchtigkeit und Trockenheit. Das sind die 4 Elemente. Sie machen das fünfte Wesen (Äther). Und das ist die weiße Magnesia, die nicht falsch ist. Darauf schließt Senior, wenn er sagt: Sobald diese 5 versammelt sind, werden sie EIN Ding sein, aus dem der natürlich Stein gemacht ist.
I: Die Philosophen wissen, dass es zur Ausübung der Kunst zwei Bestandteile braucht; nämlich Sonne und Mond. Rot und Weiß. Schwefel und Quecksilber. Mann und Frau. Und sie gebären 4 Kinder: Zwei Buben – das sind Hitze (Feuer) und Trockenheit (Erde) (Sonne) – und zwei Mädchen – das sind Feuchtigkeit (Wasser) und Kälte (Luft) (Mond). Das sind die 4 Elemente. Aus ihnen entsteht das 5. Wesen. Senior sagt, sobald diese 5 versammelt sind, werden sie ein Ding sein, aus dem der Stein der Weisen gemacht ist
O: Avicenna spricht: So wir zu den Fünfen kommen mögen, so ist das Ende gekommen. Um solches anzuzeigen, beschreiben die Philosophen ein Ei, darinnen sind vier zusammengefügte Dinge: Das erste und oberste ist die Schale – das ist die Erde. Und das Weiß ist das Wasser. Die Haut zwischen der Schale und dem Weißen ist die Luft – sie scheidet die Erde vom Wasser. Der Dotter ist Feuer. Auch er hat ein subtiles Häutel um sich. Das ist die obere, subtile Luft, die da wärmer und subtiler ist, da sie dem Feuer näher ist. Sie scheidet Feuer und Wasser. Mitten im Dotter ist das Fünfte – daraus wird das junge Hühnlein und wächst. Also ist in einem Ei alle Kraft der Materie, aus der die vollkommene Natur geschöpft wird. Und das will auch sein in dieser edlen Kunst.
I: Avicenna sagt: Wenn wir zu der 5 kommen, ist das Ende gekommen. Um dieses zu verstehen, versinnbildlichen die Philosophen dies in dem Gleichnis mit dem Ei: Darin befinden sich 4 Dinge: Zunächst die Schale – das ist die Erde. Danach das Weiß – das ist das Wasser. Die Haut zwischen der Schale und dem Weiß ist die Luft. Sie scheidet die Erde vom Wasser. Der Dotter ist das Feuer. Im Dotter befindet sich das fünfte Element, aus dem das Huhn wächst. Die gesamte Natur ist im Ei abgebildet – ebenso muss die Kunst sein, um zu erschaffen. Alle 4 Elemente müssen im richtigen Maß vorhanden sein, um das 5. Element zu erschaffen.
Das sechste Gleichnis
O: Rosinus sprach, dass er hat gesehen das Gesicht von einem Menschen, der war tot und war doch aufs hübscheste am Leib, ganz weiß wie ein Salz. Dem waren seine Glieder zerteilet und sein Haupt war fein golden, aber dem Leib abgeschnitten. Bei dem stand ein ungestalter Mann, vom Angesicht grausam und schwarz. Der hatte ein zweischneidiges Schwert in seiner rechten Hand, blutbefleckt. Er war des guten Menschen Totschläger. In der linken Hand hatte er einen Zettel, darauf stand geschrieben: Ich habe dich getötet, dass du ein Leben im Überfluss bekommest. Aber dein Haupt will ich verbergen, damit dich die Weltgeilen nicht finden und die Erde verwüsten. Und deinen Leib begrabe ich, auf dass er faule, sich vermehre und unzählige Früchte bringe.
I: Zosimos erzählte von einer toten Frau, ihr Körper zwar leblos, aber dennoch nach wie vor wunderschön anzusehen. Die Gliedmaßen und ihr goldenes Haupt waren vom Körper getrennt. Neben dem Leichnam stand ein hässlicher, schmutziger Mann. Er hatte die Frau ermordet. In seiner linken Hand hielt er ein Stück Papier, auf dem geschrieben stand: „Ich habe dich getötet, damit du ein Leben im Überfluss bekommst. Dein Haupt will ich verbergen, damit dich die Weltlichen nicht finden und die Erde verwüsten. Und deinen Leib begrabe ich, auf dass er faule, sich vermehre und unzählige Früchte bringe.“
Figur 10 – Original – Figur 10 – Freimaurer
Das siebente Gleichnis
Figur 11 – Original – Figur 11 – Freimaurer
O: Ovid, der alte Römer, hat dergleichen angezeigt, so er schreibt von dem weißen Alten, der sich wiederum wollte verjüngen. Er sollte sich lassen zerteilen und kochen bis zu seiner vollkommenen Kochung – und nicht weiter. Dann würden sich die Glieder wieder vereinigen und wieder kräftig und verjüngt sein.
I: Auch Ovid berichtet von einer ähnlichen Begebenheit, in der ein weiser Alter sich verjüngen wollte, indem er sich zerteilen und kochen lassen wollte. Nach seinem Tod würde er wieder kräftig und verjüngt sein.
Hernach folgt die Eigenschaft der Natur, dadurch sie ihre Wirkung hat
Traktatus Quartus
Das vierte Traktat
O: Aristoteles im Buch von der Geburt spricht also: Die Sonne und der Mensch gebären einen Menschen. Denn die Kraft und der Geist der Sonne machen lebendig. Und das geschieht siebenfaltiger Weis und durch die Wirkung der Sonnenhitz. Nachdem aber die Philosophen in ihrem Werk der Natur mit Kunst helfen müssen, so müssen sie auch mit Kunst die Hitze regieren. Gemäß der Sonne, auf dass sie gebären mögen den unberührten Stein. Und das geschieht auch auf siebenfaltige Weis. Erstlich geziemet diesem Werk eine solche Hitze, die da weich macht und schmilzt die Teile der Erde, die dick und hart zusammengebacken ist. Davon redet Sokrates: Es werden aufgehen oder aufgetan die Löcher und Risse der Teile des Erdreichs, dass es an sich nehmen möge die Kraft des Feuers und Wassers.
I: Im Buch der Geburt spricht Aristoteles, dass der Mensch und die Sonne gebären. Denn erst das Feuer, die Kraft der Sonne macht lebendig. Da aber die Philosophen der Natur mit ihrer Kunst auf die Sprünge helfen, müssen sie über das Feuer regieren.
Figur 12 – Original – Figur 12 – Freimaurer
Zum anderen geziemet sich die Hitz:
O: Dann durch ihre Kraft wird von der Erde alle Finsternis getrieben, und sie erleuchtet. Auf das spricht Senior: Es macht die Hitze ein jeglich Ding, das schwarz ist, weiß, und ein jedes weißes Ding rot. Was auch das Wasser weiß macht, erleuchtet auch das Feuer, als dann auch in der Farbe erscheinet die subtile Erde. Wie ein Rubin durch den gefärbten Geist, den sie überkommet aus der Kraft des Feuers. Auf solches spricht Sokrates: Du wirst sehen ein wunderliches Licht in der Finsternis.
I: Durch das Feuer wird die Finsternis von der Erde vertrieben. Sie macht schwarze Dinge weiß und weiße Dinge rot wie einen Rubin.
Zum Dritten
O: Bringt die Hitz in die irdene Ding eine geistige Kraft. Davon steht geschrieben in der Turba Philosophorum: Macht die Körper geistig – wenn es fix ist, macht es flüchtig. Von solcher Wirkung redet Rhazes im Buch vom Licht der Lichter, wo er spricht: „Man kann kein Ding, das schwer ist, leicht machen ohne Hilfe von den leichten Dingen. Auch mögen leichte Ding nicht niedergedrückt werden ohne Beistand der schweren Dinge.
I: Das steht in der Turba Philosophorum: Macht die Körper geistig. Alles Fixe macht flüchtig.
Figur 13 & 14 – Original – Figur 13 – Freimaurer – Figur 14 – Freimaurer
Zum Vierten
O: …reinigt die Hitze und scheidet ab das Unreine. Dann nimmt es ab das Mineralische und all den bösen Gestank und erneuert das Elixier. Davon spricht Hermes: Du sollst absondern, was dick ist, von dem Subtilen, die Erde von dem Feuer. Davon redet Alphidius also: Die Erde lässt sich schmelzen, und Feuer daraus enstpringt. Davon redet Rhazes: Etliche Weichmachung der Kunst, welche muss vorgehen der vollkommenen Bereitung, die da genannt wird Mundificatio. Dann erst ist das Werk vollbracht. Wenn die unreinen Teile weg sind.
I: Das Feuer reinigt das Unreine. Erst, wenn alle unreinen Teile weg sind, ist das Werk vollbracht.
Im Fünften
O: … erkocht die Hitz durch die Kraft des Feuers, wird der verborgene Geist der Erde in die Luft gebracht. Und deshalb sprechen die Philosophen: Wer ein verborgenes Ding hervorbringen kann, der ist ein Meister der Kunst. Das will auch Morienus, der da spricht: Wer die Seele erquicken kann, der wird es erfahren. Alphidius spricht: Es sei dann, dass dieser Dampf hinaufsteige, sonst wirst du nichts davon haben.
I: Durch die Kraft des Feuers kommt der Geist in den Äther. Das heißt es, wenn die Philosophen sagen: „Wer ein verborgenes Ding hervorbringen kann, der ist ein Meister der Kunst“.
Figur 15 & 16 – Original – Figur 15 – Freimaurer – Figur 16 – Freimaurer
Im Sechsten
O: … befindet sich die Kraft der Hitze des Feuers in der Erde, ihre zusammengedrungenen Teile lösen sich dadurch auf und werden feucht. Deshalb soll diese Hitze vermehrt werden mit der Kälte des Manns. Davon spricht Calus: Erlösche das Feuer eines Dings mit der Kälte eines anderen Dings.
I: Die Kraft des Feuers befindet sich in der Erde.
Figur 17 & 18 – Original – Figur 17 – Freimaurer – Figur 18 – Freimaurer
O: Auctor, das vierte der Sprichwörter. In seinen Schriften gibt er eine andere Lehre, um die Hitze oder das Feuer zu regieren. Er spricht: So die Sonne im Widder ist, zeigt sie den ersten Grad an, welcher schwach der Hitze ist. Ist die Ordnung der Luft im Löwen, ist sie heißer und bezeichnet den anderen Grad, und das ist wegen der großen Hitze des Feuers. Ist eine Ordnung der Luft im Schützen, ist der dritte Grad keine brennende Hitze, sondern eine Ordnung der Luft oder ein Ruhe und Stille.
I: Auctor gibt in seinen Schriften eine andere Lehre an, um über das Feuer zu regieren. Nach ihm ist die Hitze bei Sonne im Widder am Schwächsten, während sie bei der Sonne im Löwen am Stärksten ist.
Nun folgt des ganzen Werks vielfältige Wirkung, in vier kurzen Artikeln begriffen
Tractatus quintus
Das fünfte Traktat
Der erste Artikel
O: Die erste gebührende Kunst in der Alchemie ist die Auflösung. Dann erfordert es die Ordnung der Natur, dass der Körper in einem Wasser, genauer gesagt in Quecksilber, gekocht werde. Lange Rede, kurzer Sinn: Das lebendige Silber löst den Schwefel auf, welcher ihm zugefügt und zugegen ist, und diese Auflösung ist nichts als eine neue Anordnung des Feuchten mit dem Trocknen. Eigentlich handelt es sich dabei um die Putrifaction, welche die Materie schwarz macht.
I: Die wichtigste Kunst in der Alchemie ist die Auflösung. Das Wasser löst das Feuer auf.
Figur 19 – Original – Figur 19 – Freimaurer
Der andere Artikel
O: Das andere ist die Koagulation, die Amalgamierung, welche das Wasser wieder in einen Körper verklärt. Man sagt, dass der Schwefel vom lebendigen Silber aufgelöst wird, und dass dieser das lebendige Silber wieder zurückholt und zu ihm zieht aus dem Wasser der Erde und des Körpers. Es ist vonnöten, dass sich vielerlei Farben zeigen, denn dann verwandelt sich die Eigenschaft des wirkenden Dinges. Es muss von der Geschicklichkeit des lebendigen Dinges gewandelt werden. Denn darum ist das lebendige Silber gleich dem Wirkenden. Aber in der Koagulation ist es das Leidende, darin gewirket wird derhalben wird diese Kunst verglichen mit dem Spiel der Kinder, die spielen „Das oben gelegen ist, liegt jetzt unten“.
I: Das andere ist die Zusammensetzung.
Figur 20 – Original – Figur 20 – Freimaurer
Der dritte Artikel
O: Das dritte ist die Sublimation (Destillation), durch welche die Feuchtigkeit ebendieser Erde destilliert und das Wasser reduziert wird. So wird die Flüssigkeit zu Luft und erhebt sich über die Erde wie ein laues Wölkchen, gleich einem Ei, das der Geist des fünften Wesens ist. Das nennt man Tinktur, Fermentum, Anima oder das Öl, und das ist die allernächste Materie des Steins der Weisen. Denn durch die Sublimation (Destillation) entsteht die Asche, welche die Mäßigung des Feuers von Gott eingegeben bekommt, während die feurige Natur jedoch dabei erhalten bleibt. Das ist die rechte philosophische Sublimation (Destillation), durch welche die vollkommene Weise vollbracht wird. Darum vergleicht man diese Kunst mit der Arbeit der Frauen – dem Waschen. Um sie weiß zu machen, kochen und braten sie sie, bis dass es genug ist.
I: Das dritte ist die Trennung. Mittels Trennung wird die Flüssigkeit zu Luft. Das, was übrig bleibt, nennt man Tinktur.
Figur 21 – Original – Figur 21 – Freimaurer
Der vierte Artikel
O: Das letzte oder vierte, das sich gebührt, ist, dass dieses Wasser von der Erde abgesondert werde, und wiederum von der Erde oder mit der Erde vereinigt wird. Damit eins ums andere geschehe, soll der Stein anders vollendet werden. Denn der Grund, warum das in natürlichen Dingen oder in Körpern so ist, ist der, dass einige Ding das Compositum, die Zusammensetzung davon ist. In den hier angeführten vier Artikeln ist all das enthalten, womit die Philosophen der ganzen Welt unzählbar viele Bücher gefüllt haben.
I: Das vierte ist die Vereinigung.
Figur 22 – Original – Figur 22 – Freimaurer
Von der Regierung des Feuers
O: Es folget von der Regierung des Feuers. Wie ein Ding in der Hitze bereitet ist, so wird dessen Beweglichkeit sein. Die Natur verwandelt sich in der Sonne. So wird das Geistliche leiblich gemacht.
I: Die Natur verwandelt das Geistige durch da Feuer in Leibliches. Je mehr Hitze ein Ding bei seiner Erschaffung abbekommt, desto beweglicher ist es.
O: Von diesen zwei Planeten redet Senior also: Ich bin eine heiße und trockene Sonne, und du Luna bist kalt und feucht. Und so wir aufsteigen werden in das Edelste, wenn uns wird eingegossen ein brennendes Licht, welches durch die Lehre und Meisterschaft der Alten empfangen wird, empfangen wir die Erneuerung der Feuchtigkeit, und Sonne und Mond werden erleuchtet.
I: Senior redet von zwei Planeten: Er spricht von einer heißen und trockenen Sonne und von einem kalten und feuchten Mond.
O: Im Scala philosophoricum steht also vom Feuer, die Hitz oder das Feuer des ganzen Werks ist in einer Form. Es sprechen etliche, dass die Hitz des ersten Regiments sollte sein wie die Hitze einer brütenden Henne. Etliche deuten diese natürliche Hitze als die in der Speise und der Nahrung des Leibs, andere sagen, es ist die Sonnenhitze, wen sie im Widder steht.
I: Für die Kunst soll die Hitze so sein wie die während der Sonne im Widder.
O: Wiewohl der Stein auch ohne Wirkung vollbracht wird, nichts desto minder verändert die Geschicklichkeit, welche sein soll eine linde und mäßige Hitze. Sie soll wärmen, bis die Materie sich schwärzt und sich in das Weiße verkehrt hat. Sie wird verglichen mit der Sonnenhitze, wenn sie im Widder ist und langsam in den Stier übergeht. Sobald das Weiße erscheint, soll sie vermehrt werden bis auf die vollkommene Austrocknung des Steins. Auch die Sonnenhitze im Stier oder im Zwilling kann verwendet werden. Und wenn nun der Stein getrocknet und geäschert ist, wird das Feuer wiederum gestärkt, bis er vollkommen rot erscheint und durch diese königlichen Kleider vom Feuer befreit ist. Und diese Hitze wird verglichen mit der Sonnenhitze im Löwen. Das ist die höchste Würdigkeit ihres Hauses. Nun ist aber genug geredet von der Regierung des Feuers.
I: Um den Stein der Weisen zu vollbringen benötig man eine „linde und mäßige Hitze“.
Von den Farben, die sich erzeugen in der Bereitung des Steins
O: Menaldus der Philosoph spricht in der Turba Philosophorum: Es schwärzet sich zwei Mal. Es gilbt sich auch zwei Mal und es wird zwei Mal rot und bekommt mancherlei Farben. Und den Farben nach wird die Hitze verändert und wiewohl alle Farben erscheinen, so sind doch allein diese drei die Vornehmsten und die Hauptfarben. Und diese sind: Schwarz, Weiß und Rot.
I: Laut Menaldus gibt es drei Hauptfarben: Schwarz, Weiß und Rot.
O: Dazwischen erscheinen so mancherlei Farben, zwischen der Weiße und der ersten Röte. Diese sind aber keine vollkommenen Farben, wie Ciliator, Petrus von Abano sagt. Sie bestehen kaum lange genug, als dass man sie sehen mag. Die gelbliche Farbe, die sich nach dem vollkommenen Weiß und vor der letzten Röte ergibt, die zeigt sich zwar eine zeitlang in der Materie, weshalb sie etliche Philosophen auch als Hauptfarbe geachtet haben. Menaldus spricht aber, dass sich diese Farbe nicht so lange zeigt wie die Schwärze, die Weiße und die Röte, die in der Materie über vier Tage bleiben. Die Schwärze und die Röte kommen zwei Mal.
Über allem steht die Farbe Schwarz als vollkommene Farbe. Sie entsteht auch in der aller lindesten Hitze. Davon reden Senior und Ciliator, Petrus von Abano: Die Kochung soll so lange in linder Wärme geschehen, bis der Materie die Schwärze vergeht. Und darum spricht Lucas in der Turba Philosophorum: Hütet euch vor dem Feuer, denn wenn ihr zu Beginn ein Feuer macht, dann wird die Materie vor ihrer Zeit rot. Und das nützt euch nichts. Um das Feuer zu regieren, sollt ihr haben zunächst die Schwärze, danach die Weiße und auf das letzte die Röte.
I: Über allen Farben steht die Farbe Schwarz. Um die Kunst zu vollbringen, muss die Materie zunächst Schwarz, dann Weiß und dann Rot werden.
O: Baltheus, der Philosoph, sagt in der Turba Philosophorum: Koch deine Komposition, bis du sie weiß siehest, und lösch sie ab in Essig. Dann scheide die Schwärze von der Weiße, denn die Weiße ist ein Zeichen. Und nähert sich die Fixation, bedarf es auch, dass sie durch das Feuer der Calzinierung abgezogen werde von der Schwärze. Dann scheidet sie sich durch Mehrung der Hitze von den überflüssigen Teilen, und bleibt eine grobe Erde oder Vater der Materie, das wie eine schwarze, rohe Erde, die sich nicht mehr vermischt mit der reinen und subtilen Materie des Steins.
Und das ist das Wort der Philosophen, so sie sprechen, dass die Röte von der Weiße soll abgezogen werden. Dann ist nicht Überflüssiges in ihm. Es scheidet sich auch nichts mehr ab, sondern alles andere wird vollkommen rot. Darum schaffe das Zeichen mit starkem Feuer. Und das bezeugt Pythagoras, da er spricht: Je mehr sich die Farben verändern, desto mehr sollt ihr das Feuer stärken. Dann heißt es, sich nicht vor dem Feuer zu fürchten, denn die Materie ist Feuer. Und die Geister flüchten nicht von ihr. Lucas der Philosoph sagt, dass die Geister nicht das weiß gemachte Magnesium riechen sollen. So viel sei gesagt über die Farben der himmlischen Philosophie. Folget den Philosophen hiernach.
Hermes, der Vater der Philosophen, sagt, dass man das weiße Magnesium nicht aus machen möge, bis alle Farben vollendet sind. Dazu teilt man das Wasser in 3 Teile, nämlich zwei Drittel und ein Drittel, wobei ein Drittel zur Hitze gehört und drei zur Feuchtigkeit. Dieses Wasser ist das Gewicht der Weißen.
Auch ist zu wissen, dass der Weinstock, der ein Saft des Weißen ist, den fünften Teil auszieht. Der Wein wird zum dritten Teil hinzugefügt, nach rechter Proportion. In der Kochung vermehrt es sich dann. Und in der Zerreibung formiert es sich dann zu dem, in dem allem inbegriffen ist, Anfang und End. Manche Philosophen sagen, dass es vollkommen wird in sieben Tagen, andere sagen in vier, etliche sagen, drei Mal im Jahr, etliche sagen in einem Jahr. In der Turba Philosophorum sagt Alphidius, es dauert vier Jahreszeiten – Glentz, Sommer, Herbst und Winter. Andere sagen wieder, innerhalb eines Tages, einer Woche oder eines Monats. Geber und Hortulanus sprechen von drei Jahren. Alle Angaben miteinander sind nichts anderes als ein Ding in einem Ding. Denn die Geschicklichkeit, so sie mannigfaltig ist, ist eben auch mannigfaltig. Zeit, Gewicht und Namen muss der Künstler selbst erfahren, sonst mag er nichts schaffen.
Von den des ganzen Werks vielfältigen Wirkungen, auch der Philosophen Namen und Vergleichungen in dieser Kunst der Bereitung des gebenedeiten Steins
Tractatus septimus
Das siebente Traktat
Es ist ein gemeines Sprichwort aller Philosophen: Wer das lebendige Silber weiß zu töten, der ist ein Meister der Kunst. Es ist aber mit großem Fleiß Achtung zu haben auf das Quecksilber, denn sie beschreiben es gar vielfältig. Senior spricht: Unser Feuer ist ein Wasser. So du einem Feuer ein Feuer geben kannst, und einem Mercurio ein Mercurii, also einem Quecksilber ein Quecksilber, so kannst du des genug. Denn das Quecksilber heißt Wasser UND Feuer, und das Feuer muss mit Feuer gemacht werden.
Somit spricht er: Die Seele wird herausgezogen durch die Fäulung. Und so nichts mehr dableibet von der Seele, so hast du schon den Körper gewaschen. Es gibt eine Seele und einen Körper, und es wird genannt Quinta Essentia oder Geist, Aqua permanens oder Menstrum. Er spricht also: Nimm das Quecksilber und das Körper Magnesium, oder einen Schwefel, der nicht verbrennt, und zerreib ihn in dem allerschärfsten Essig. In dem Essig wird es weder schwarz noch weiß oder rotfarben. Es wird ein getötetes Quecksilber und von der Farbe des Wassers, ehe das Feuer dazu kommt. Sodann wird es rot darin. Also sagt die Turba Philosophorum: Leg es ins Gold, damit es ein Elixier wird. Das ist seine Tinktur und ein schönes Wasser, ausgezogen von vielen Tinkturen gibt es Leben und Farbe denen, denen es eingebracht wird.
Danach spricht die Turba: Das Color Tyrius ist eine rote Farbe, die das Allerbeste ist. Danach kommt eine kostbare Purpurfarbe, und dies ist das allerbeste und rechte Quecksilber. Es bringt süßen Geschmack und ist eine wahrhaftige Tinktur. Diese ist nicht allein als der Anfang der philosophischen Kunst zu verstehen, sondern auch als die Mitte und das Vollkommene, da sie dem Quecksilber zugeschrieben ist.
Hermes, der philosophische Vater, redet also: Mir ist ein Vogel aufgefallen, welchen die Philosophen Orphan nennen. Derselbe flog in der Zeit des Widders, des Krebses, der Waage oder des Steinbocks. Du wirst denselben erhalten aus reichen Mineralien und kostbarem Gebirge. Seinen Teil sollst du teilen, und besonders das, was nach der Teilung übrigbleibt und so die Erde komplettiert und in der viele Farben sind, nennt der weise Mann Terram sapientiam & plumbum – Weisheit und Blei auf der Erde. Davon reden die Philosophen, wenn sie reden vom Braten und Destillieren durch Tag und Zeit nach deren Anzahl an Teilen, und geben den Dingen viele Namen: Sublimier (destillier), veredle oder rektifizier, destilliere wiederholte Male bis auf den Grund, und dann wasch ab und mach es rein und schön bis dass es weiß wird. Danach mach es tot und mach es wieder lebendig. Und dann faule und zerreibe es, bis sich das Verborgene offenbart und das Offenbare verborgen wird. Und dann sondere die Elemente ab und füge sie wieder zusammen. Zerreibe es, bis das Leibliche vergeistigt und trenne die Seele vom Körper. Rektifizier, destilliere oftmalig Körper und Geist, mach die Venus weiß, dem Jupiter nimm sein Krachen. Mach hart den Saturn und mach weich den Mars und mach citrinfarben die Luna. Und solvier, löse auf alle Körper in einem Wasser, welches allen Körpern die Vollkommenheit gibt.
Sie lehren auch viel über die Bereitung des schwarzen Schwefels bis er rot wird. Denselben destillieren sie dann so lang, bis es ein wässriger, durchscheinender Gummi wird, gleich dem Körper, der hoch gepriesen und geehrt, und Lac Virginis, Mercurialwasser, genannt wird. Dann vermengen sie das Wasser, das abgezogen ist von der Jungfrauen Milch, und machen daraus rotgoldenen Gummi. In einem Glas durchsichtigen, dicken Wassers, soll man es coagulieren, denaturieren. Das nennen sie dann Tincturam Sapientiae, Tinktur der Weisheit. Damit entfacht ein Farbfeuer, und Geist und Seele, die da gewandelt sind, kehren zurück nach Hause.
Sulphur Rubeum – Schwefelröte, Gummi Aurum – Goldgummi, Aurum Aparent – Lichtes Gold, auch Corpus Desideratum – erwünschter Körper, Aurum Singularum – Jegliches Gold, und Aqua Sapientiae – Wasser der Weisheit, Terram Argentum – Silbererde, Terram Album – Weiße Erde, Aerem Sapientiae – Luft der Weisheit. Sonderlich, so es eine große Weiße hat, davon steht in der Turba geschrieben. Ihr sollt wissen, wenn ihr euer Gold vorher nicht weiß machet, so sollt ihr es auch nicht rot machen. Dann sind die zwei einer Natur. Das Weiß wird vom Roten schwarz und zu reinem Wasser, das kristallin wird sich erzeugen von den Citrinroten.
Darum spricht Senior: Es ist ein wunderlich Ding. Wenn du es wirfst über die drei anderen Gemengten, so hilft es dem Weißen, aber das Citrin und das Rote macht es weiß wie die Silberfarbe. Danach hilft es dem Roten über das Citrin und macht dasselbe weißfarbig.
Und Morienus sagt: Schau auf das vollkommene Citrin – es verändert sich in seiner Citrinität. Das vollkommene Rot – es formiert sich in seiner Röte und fordert das vollkommene Schwarz in seiner Schwarzheit. Hieraus ist klar ersichtlich, dass das Gold der Philosophen ein anderes als das gemeine Gold oder Silber ist. Wiewohl der Philosophen Gleichnis etliche zufällige Gemeinsamkeiten habe mit dem gemeinen Gold oder Silber, und auch mit anderen Metallen.
Senior spricht: Ich bin ein hart und trocken Eisen. Es gibt kein Ding, das mir gleichet. Ich bin eine Coagulation vom Quecksilber der Philosophen. In der Turba steht: Kupfer und Blei werden zu einem köstlichen roten Stein der Philosophen. Blei ist der Anfang des ganzen Werks – ohne dasselbige wird nichts gemacht. Man redet also davon: Aus rotem Blei mach ein Eisen, oder Crocum Martis. Von weißem Blei mach eine weiße Tinktur. Das ist der Anfang der Weisheit.
Wiewohl der Philosoph spricht, es ist dem Gold nichts näher als das Blei, denn in ihm ist das Leben und alle Heimlichkeit zieht es zu ihm. Die Rede ist aber nicht von dem gemeinen Blei. Es ist der Markasit, aus dem die stinkende Erde glühende Funken gewinne. Morienus sagt: Es wird auch verglichen mit Arsenico, Auripigmento und Tutia. Auch mit vielen Dingen, die gar nicht mineralisch sind, wie die vier Complezione, Zusammensetzungen, dem Blut und dergleichen, auch überflüssigen Dingen. Unter mineralischen Dingen das Salz, Alaun und anderer, aus vielerlei Eigenschaften wegen.
Aber vor allen Dingen warnt uns Alphidius, der spricht: Lieber Sohn, hüte dich vor den Geistern, Körpern und Steinen, die tot sind, wie oben erzählt. Denn in denselben ist kein Weg. Auch wirst du deinen Vorsatz und Anschlag nicht finden, denn ihre Kraft mehret sich nicht, sondern wird zunichte. Aber der Philosophen Salz, welches eine Tinktur ist, wie andere Salalculi, die aus dem Körper ziehen, das wird aus dem Körper auch die Metalle ziehen. Davon sagt Senior: Zuerst wird es wie eine Asche, danach ein Salz, und durch vielfältige Arbeit wird es zuletzt zu einem Mercurio Philosophorum, einem Feuerwasser. Aber vornehmlich ist der Salarmoniac, der Salmiak, das Beste und Edelste unter allem, das besteht.
Aristoteles spricht in dem Buch von den 7 Geboten: Almisadier, das ist Salarmoniac, also Salmiak, soll dir allein dienen. Denn derselbe solviert den Körper, löst ihn also auf und macht ihn weich und geistlich. Das will auch die Turba Philosophorum mit diesen Worten sagen: Ihr sollt wissen, dass sie die Körper nicht tingiert, also nicht färbt, es sei denn, dass der Geist, welcher in seinem Bauch verborgen liegt, ausgezogen werde. So wird es ein Wasser. Ein Körper, welcher geistlicher Natur ist, den tingiert das dicke irdische Ding nicht. Aber sehr wohl das von dünner, wässriger Natur und Farbe. Das verfärbt sich in ein Elixier. Und dass aus ihm gezogen wird ist ein Weißes, Rotes, wahrhaftige Fixation der vollkommenen Farben einer durchgehenden Tinktur, die sich unter alle Metalle mischt.
Die Vollkommenheit der ganzen Meisterschaft hängt an diesen Punkten. Dass man den Schwefel soll herausziehen aus den vollkommenen Körpern, welche den Fixen Mortem haben. Denn der Schwefel ist ihr ältester und subtilster Teil an kristallinem Salz, süß und schmackhaft und eine nur zeitliche Feuchtigkeit, die, so sie ein Jahr ihm Feuer ist, würde wie Wachs zergehen. Darum erhärtet ein kleiner Teil einen großen Haufen, das gemeine Quecksilber, in ein wahrhaftiges Gold.
Darum wird die Feuchtigkeit oder das Wasser, das man auszieht aus den metallischen Körpern, Seele genannt. Die Seele des Steins. Des Mercurius, des Quecksilbers Kräfte aber werden der Geist genannt, wenn es eine schwefelige Natur angreift. Und die Erde ist der Leib, der Körper der Quinta Essentia, der Quintessenz. Das endlich ist die Tinktur. Alle drei sind ein vereinigtes Ding, aus einer einheitlichen Wurzel, allein unterschiedlicher Wirkung und unzählbar vieler Namen. Und gehen alle ineinander wie die Glieder einer Kette. Dort, wo das eine aufhört, fängt das andere an.
In diesem letzten Teil sind zu vermerken, die Tugenden und Kräfte dieser edlen Tinktur
Über die eine Tinktur der Stärke wider ihre Feinde ist zu wissen, dass die alten Weisen vier Haupt-Tugenden in dieser löblichen Kunst gefunden haben. Zum einen wirkt sie den Menschen gegen allerlei Krankheiten, zum andern macht sie die metallischen Körper vollkommen. Zum dritten verändert sie alles Gestein. Zum vierten macht sie geschmeidig ein jedes Glas.
Zum ersten Punkt sagen die weisen Philosophen, so man denselben einnehme in einem warmen Trunk, Wein oder Wasser, so macht es ihn gesund zu derselben Stunde. Und zwar: Paraliticum – Lähmungen, Wassersucht, Aussatz, Gelbsucht, Herzzittern, Darmgicht, Fieber, Fallsucht, Grimmen und viele andere Passiones oder Leiden innerhalb des Leibs. Es heilt aber auch außerhalb des Leibs, so man sich damit salbt. Dem ungesunden Magen nimmt es die schädlichen Flüsse hinweg, und alle Melancoliam und Schwermütigkeit. Man kann es auch anwenden bei allen Augenkrankheiten, es stärkt das Herz, bringt das Gehör wieder, macht gute Zähne, bringt die verlambten, gelähmten Glieder zurück. Es heilt auch alle Apostemata, also Abszesse, auch alle auswendigen Schäden, Fisteln, Krebs, Wolf und in Summe nimmt man es ein oder bringt es in Pulver oder Salben ein.
Senior spricht: Sie macht den Menschen fröhlich und jung und erhält ihm seinen Leib frisch und gesund. Für inwendig und auswendig Gebrechen. Darum ist sie eine Arznei über alle andere Arznei, sie übertrifft jene von Hippokrates, Galenos, Constantinus Africanus, Alexander Setonius und Avicenna. Man soll diese Arznei auch unter andere Arznei oder Wasser mischen, die gegen die Krankheit helfen.
Von der anderen Tugend steht geschrieben, dass sie alle unvollkommenen Metalle verändert. Das ist offenbar, denn es macht jedes Silber ganz goldfarben, während es in der Substanz und seinem Gewicht beständig bleibt.
Von der dritten Tugend steht geschrieben, dass diese Medizin auch andere Steine macht, darunter Jaspis, Hyacinth, weiße und rote Corallen, Smaragde, Chrisoliten und Saphire. Aus den Kristallen Karfunkel, Rubin, Theopasius, die sogar viel besser und trefflicher sind als die natürlichen. Und diese Medizin bringt auch alle Edelsteine zum Schmelzen.
Zum vierten, wann man auch die genannte Medizin in ein Glas tut, so lässt es sich schneiden und in alle Farben verkehren. Das übrige mag jeder kluge Künstler durch sein eigenes Experiment erfahren und erkunden.
Beschluss Rede
O: Die allerteuerste Kunst und Trösterin der Armen, die edle Alchymia steht über alle natürliche Kunst. Dass sie die Menschen auf Erden haben mögen ist eine Gabe von Gott. Sie ist in mannigfaltigen Sprüchen und Figuren ausschweifend dargestellt und in den Gleichnissen der Weisen verborgen.
I: Die Alchemie ist eine Gabe, die Gott den Menschen geschenkt hat. Sie ist in mannigfaltigen Sprüchen und Figuren ausschweifend dargestellt und in den Gleichnissen der Weisen verborgen.
Es spricht Senior, der Philosoph: Es wird ein verständiger Mensch diese Kunst, so er damit arbeitet, dann verstehen, wenn sein Sinn und Gemüt aus den Büchern der Erkenntnis dieser Kunst erleuchtet ist. Derhalben jener wird weise handeln, der sich in der Weisheit der alten Weisen, und in der Aussagekraft vieler Gleichnisse, Unterscheidungen und Heimlichkeiten übt. Der dadurch ihre Handlung und Beschreibung in ausschweifenden, verborgenen Worten spricht, der ihre Betrachtung begründet und gefestigt ist. Denn in allen Gedanken ist ein subtiler Sinn. Und wer diese Dinge verstanden hat, für den ist es ganz leicht und natürlich im Gegensatz zu dem, der die Dinge nicht versteht. So spricht auch Senior spricht: Ist nichts Verächtlicheres denn der, der die Kunst an jemanden weitergibt, der reich ist. Das ist wie einer mit Feuer, der einen Feuerstein hat. Der mit Feuer gibt Feuer wann, wieviel und wem er will, ohne Abgang des Feuers oder des Feuersteins. Also ist es auch überflüssig zu geben. Reiches Gold, so ist es auch besser, dann aller Welt Gut, Kaufmannsschatz, Gold und Silber und ihre Früchte sind besser als aller Welt Reichtum, denn darum denn durch sie wird vollbracht das da erfordert langes Leben und Gesundheit, denn ihre jüngste Früchte sind das wahrhaftige Aurum potabile, also das Trinkgold und der allerkräftigste Balsam und die allerköstlichste Gabe Gottes, so die alten Weisen der Natur durch und mit der Kunst gewirkt haben.
Gelobt sei Gott in Ewigkeit. Welcher der Natur solche Kraft und Eigenschaft gegeben hat. Amen durch Jesum Christum.
Hilfsquellen:
https://www.mittelalter-lexikon.de
https://fwb-online.de
http://www.zeitspurensuche.de/02/wort1.htm
https://www.deutschestextarchiv.de
https://www.freimaurer-wiki.de/index.php/Hauptseite
https://www.academia.edu/40005138/Glossary_of_Alchemical_Philosophers_and_Works_Referred_to_in_Splendor_Solis
https://wiki.yoga-vidya.de/Weltenbaum
Verwendete Dokumente:
1. Aureum vellus oder Guldin Schatz und Kunstkammer, Buch zu finden bei Google Bücher, Ausgabe aus dem Jahr 1597
2. Handschrift, 1590 datiert
Beitragsbild: Buch Aureum vellus, Splendor Solis, Figur 6, archive.org