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Vorzeit-Vermächtnis: Mit diesen Kräutern wehrten sich betrogene Ehefrauen

Erzählungen aus dem italienischen Hexenhammer

31.08.2025

Während viele Texte aus der Feder von Hexenjägern und Inquisitoren nichts weiter als fantastische Märchen und dämonisierende Erzählungen sind, lassen sich in manchen Schriften dennoch Spuren einer anderen Wahrheit erkennen. Sie zeigen, wie Frauen in der Frühen Neuzeit Wege fanden, sich gegen Ungerechtigkeiten und die Zumutungen des Patriarchats zu wehren. Der folgende Auszug aus Francesco Guazzos Compendium Maleficarum von 1608 legt ein Beispiel offen, in dem ein Mittel angewandt wurde, das tatsächlich Wirkung zeigte.

Ein erheblicher Teil der Frauen verfügte im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit über ein umfassendes Wissen über Heil- und Giftpflanzen. Frauen waren für Haus und Familie zuständig, pflegten Kranke, bereiteten Kräutertränke oder Salben und kannten die Wirkung heimischer Pflanzen. Dieses Wissen wurde oft mündlich und praktisch über Generationen weitergegeben. Besonders Bäuerinnen, Hebammen, Heilkundige und Kräuterfrauen verbreiteten dieses Wissen.

Zu diesem Wissen gehörte auch die Fähigkeit, einen untreuen Ehemann für eine gewisse Zeit außer Gefecht zu setzen und ihn impotent zu machen. Genau ein solcher Vorgang scheint sich in dem von Francesco Maria Guazzo 1608 veröffentlichten Compendium Maleficarum zu spiegeln. Darin vertraut eine junge Frau ihrer Nachbarin ihre Not an und erhält von ihr ein Kräutlein, das sie dem Ehemann ins Essen mischt. Als dieser nach einem „tiefen Schlaf“ erwacht und seine Manneskraft verloren glaubt, gesteht die Frau ihm ihre Tat. Der Ehemann, beschämt und zugleich alarmiert, wendet sich an den örtlichen Amtsträger Francisco von Bassumpetra. Dieser wiederum nimmt den Fall zum Anlass, einen Hexenprozess gegen die betrogene Ehefrau einzuleiten. Die Frau wird schuldig gesprochen und am Scheiterhaufen verbrannt.

Der Ausschnitt aus dem Compendium Maleficarum, wie Guazzo ihn schildert:

„Ein sehr alter Mann hatte eine noch sehr junge Frau geheiratet; er war zu dieser Zeit Torwächter der Burg Bassumperranum (Anm.: Burg Freudenberg, Bassum?), und zugleich suchte er weiterhin eine andere Frau zu berühren, mit der er schon vor der Ehe ein sexuelles Verhältnis gehabt hatte. Die junge Frau war eifersüchtig auf Mecam und grämte sich darüber, dass ihr Ehemann zu ihr ging, obwohl sie ihr weder an jugendlicher Frische noch an Schönheit in irgendeiner Weise das Wasser reichen konnte. Einer Nachbarin offenbarte sie ihre Betrübnis und bat sie, ihr, falls sie einen Rat habe, in dieser Angelegenheit Hilfe zu geben. Die Nachbarin namens Laire riet ihr, guten Mutes zu sein, denn sie habe etwas bereit, das gegen dieses Übel helfen könne; sie übergab ihr ein Kräutlein aus dem Garten, mit dem sie sein Gericht würzen solle, wodurch diese fremde Liebe sogleich vertrieben werde. Sie mischte es in das nächste Abendessen und reichte es ihm; daraufhin bekam er zunächst Kopfschmerzen, dann überkam ihn ein tiefer Schlaf. Als er am nächsten Tag endlich wieder zu sich kam, stellte er mit Scham fest, dass er seine ganze Manneskraft verloren hatte. Dennoch erzählte er seiner Frau von diesem Unglück, das er ihr ohnehin nicht hätte verbergen können. Sie, die nun ihre eigene Unvorsichtigkeit und Leichtgläubigkeit einsah – da sie, während sie einer anderen den Anteil missgönnte, selbst alles verloren hatte –, offenbarte dem Ehemann die ganze Sache, wie es begonnen und wie es vollendet worden war, und bat um Verzeihung für ihren Irrtum, wobei sie als Grund ihre Liebe zu ihm angab. Der Ehemann vergab ihr leicht, da er wusste, dass er selbst durch seine Begierde und Unmäßigkeit den ersten Anlass zu diesem Übel gegeben hatte. Der örtliche Amtsträger (dieser trug den Namen Francisco von Bassumpetra) wurde daraufhin von dem Mann über alles der Reihe nach unterrichtet. Er hielt es daher für seine Pflicht, dem Mann namens Sartan, den er in seinem Dienst hatte, zu helfen, seine verborgene Krankheit zu heilen, und ein so abscheuliches Verbrechen mit angemessener Strafe an der Giftmischerin zu ahnden. Er ließ sie herbeiholen und brachte sie, durch Drohungen eingeschüchtert, dazu, dass sie versprach, dem Mann, den sie durch Zauberei betrogen zu haben schien, das, was er verloren hatte, sofort zurückzugeben; und so tat sie es auch – mit einem gewissen Kraut, das sie ihm zu kosten gab. Und so wurde sie durch ihr eigenes Geständnis überführt und gefasst und erduldete kurz darauf die verdiente Strafe im Feuer.“

Mögliche verwendete Kräuter

Es existieren tatsächlich Kräuter, die einen Menschen vorübergehend „außer Gefecht setzen“ können – etwa durch starke Müdigkeit, Benommenheit oder Bewusstseinsstörungen. Ähnlich verhält es sich mit der Impotenz: Bestimmte Pflanzen vermögen kurzfristig sexuelle Funktionsstörungen hervorzurufen, doch in der Regel führen sie nicht zu einer dauerhaften Impotenz. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass diese Pflanzen harmlos wären. Im Gegenteil!

  • Bilsenkraut (Hyoscyamus niger) enthält Alkaloide (Hyoscyamin, Scopolamin), die Halluzinationen, Schläfrigkeit und sexuelle Dysfunktion auslösen können.
  • Stechapfel (Datura stramonium), ebenfalls voller Tropan-Alkaloide, kann den Blutdruck und die Nervenleitfähigkeit so beeinflussen, dass Erektionen kaum möglich sind.
  • Schlafmohn (Papaver somniferum), traditionell angebaut, wirkt stark sedierend, kann Potenz und Libido hemmen.
  • Mandragora (Alraune), in der italienischen Volksmagie berüchtigt, kann durch seine Alkaloide Krämpfe, Bewusstseinsstörungen und sexuelle Dysfunktionen hervorrufen.
  • Auch hochdosierte Salbei- oder Minzpräparate sind in der Volksmedizin bekannt für eine dämpfende Wirkung auf die Libido.

Das „Aufheben des Fluchs“

Der Amtsträger zwingt die betrogene Ehefrau dazu, ihrem Mann die verlorene Potenz zurückzugeben, also gewissermaßen den Bann wieder aufzuheben. Die Frau folgt dieser Anordnung. Dabei ist zu bedenken, dass der Mann zu diesem Zeitpunkt durch die Wirkung der Pflanze ohnehin längst nicht mehr impotent gewesen sein dürfte. Möglich ist vielmehr, dass sie ihm nun Kräuter reichte, die den Kreislauf anregten oder allgemein stärkend auf den Körper wirkten:

  • Rosmarin galt traditionell als kreislaufanregend, durchblutungsfördernd, kräftigend. Schon der Duft wirkt belebend.
  • Thymian ist in der Volksmedizin als Stärkungsmittel bekannt, mit einer symbolischen Nähe zu „Lebenskraft“.
  • Safran der sehr wertvolle Blütenstempel, galt in der Antike und Renaissance als aphrodisierend, stimmungsaufhellend, „wärmend“. Schon kleine Mengen im Essen erzeugen ein Gefühl von Wohlbefinden.
  • Petersilie ist seit der Antike mit Liebes- und Fruchtbarkeitsmagie verknüpft, harntreibend und belebend.
  • Sellerie ist in Italien ein altes Aphrodisiakum, fördert die Durchblutung und wurde in Liebestränken genutzt.

Wer sich die Mühe macht, uralte historische Texte sorgfältig zu lesen, entdeckt darin wertvolle Einblicke in das Leben der Menschen vergangener Zeiten und erhält ein tieferes Verständnis dafür, wie sie dachten, fühlten und ihre Welt deuteten.

Quelle:
Francesco Guazzo, Compendium Maleficarum, 1608


Beitragsbild: KI