Musste sterben, weil ihre Heirat die Ordnung störte
Die Hexenkönigin von Bruchhausen
Die 40-jährige Witwe, Weingutsbesitzerin und fünffache Mutter Anna Katharina Spee von Langenfeld aus Bruchhausen wurde der Hexerei bezichtigt, gefoltert und hingerichtet.

Hoheitsgewalt: Kurfürstentum Köln (Kurköln)
Herrschaftsform: Geistliches Kurfürstentum (fürsterzbischöfliche Territorialherrschaft)
Landesherrschaft: Kurfürst und Erzbischof Ferdinand von Bayern
Reichszugehörigkeit: Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation
Reichskreiszugehörigkeit: Niederrheinisch-Westfälischer Reichskreis
Höchste kirchliche Autorität: Papst Urban VIII.
Höchste regionale kirchliche Autorität: Erpeler Pfarrer Gottfried Ägidi(us)
Höchste weltliche Autorität: Kaiser Ferdinand II.
Höchste regionale weltliche Autorität: Bruchhausen war dem Amt Linz zugeordnet
Konfessionszugehörigkeit: römisch-katholisch
Eine Verbindung zwischen Arm und Reich – das gilt bis heute als Grenzüberschreitung. Den gesellschaftlichen Aufstieg eines anderen empfinden viele, die selbst nichts zu gewinnen haben, als persönliche Kränkung. In einer Zeit, die gerade einmal das Mittelalter hinter sich gelassen hatte, konnte ein solcher Aufstieg jedoch nicht nur Missgunst, sondern auch tödlichen Hass hervorrufen.
Für die Bewohner von Bruchhausen war die Entscheidung der wohlhabenden Witwe Anna Katharina Spee von Langenfeld, einen armen Pferdeknecht zu heiraten, ein Affront. Wie konnte sie nur jemanden aus der Unterschicht heiraten, der ihrer nicht würdig war? Und so begannen die Gemeindemitglieder schon kurz nach ihrer Heirat damit, allerlei Gerüchte über Anna in die Welt zu setzen. Einige ihrer Erzählungen trafen jedoch den wunden Punkt der damals 40-jährigen. Ein Schwager hatte bei der damals 13-jährigen Anna sexuelle Handlungen vorgenommen, es kam zur Vergewaltigung, aus der ein Kind hervorging. Diese Geschichte wurde von den Bruchhausenern mit den üblichen Fantastereien wie Hexensabbat, Teufelstanz und Schadenszauber dekorativ ausgeschmückt.
Manche Geschichten wiederholen sich seit Jahrhunderten immer und immer wieder. Zum Beispiel diese: Aus weiblichen Opfern werden Huren gemacht – Frauen, denen man die Selbstbeherrschung abspricht und denen man unterstellt, Männer reihenweise zu verführen. Man munkelte sogar, Anna sei während ihrer Ehe mit Priestern ins Bett gestiegen.
Es war schon mehr, als man ihr verzeihen wollte, dass diese „Hure“ ihrem angeblich standesgemäßen Platz entkommen war – mit 21 hatte sie den rund 30 Jahre älteren, wohlhabenden Beamten Robert Spee von Langenfeld, den Bruder von Friedrich Spee von Langenfeld, geheiratet. Doch nun, mit 40, auch noch ein beträchtliches Vermögen zu erben – UND nur ein Jahr später einen einfachen Pferdeknecht zu heiraten? Das war zu viel für eine Gemeinde, die sich gern in ihrer eigenen moralischen Überlegenheit sonnte.
Nicht ganz ein Jahr nach der erneuten Heirat von Anna wurden in Erpel, unweit von Bruchhausen, Hexenprozesse geführt. Es war zu erwarten, dass auch ihr Name in den unter Folter erpressten Geständnissen auftauchte. Zu den Denunziantinnen zählte ausgerechnet eines ihrer eigenen Patenkinder. Anna wurde daraufhin festgenommen und eingekerkert.
Während ihrer Folter muss Anna große Schmerzen erlitten haben. Scheinbar erschienen ihre Schmerzensschreie den Obrigkeiten zu teuflisch – jedenfalls entschieden sie, noch während der Folter an Anna einen Exorzismus zu vollziehen. Als die Schmerzen für Anna unerträglich wurden, gestand sie alles. Doch obwohl sie gestanden hatte, ließ Dr. Johannes Möden – eine zu jener Zeit als „Hexenkommissar“ bezeichnete Figur – die Folter fortsetzen.
Ihr Lebenswandel – damit meinte das Gericht ihre Vergewaltigung in jungen Jahren und die daraus resultierende frühe Schwangerschaft – wurde ihr als moralisches Fehlverhalten ausgelegt. Die Heirat mit dem Pferdeknecht, nur ein Jahr nach dem Tod von Robert Spee, wurde als Ehebruch gewertet. In allen Anklagepunkten befand man Anna für schuldig.
Im Herbst des Jahres 1631 wurde Anna auf einem Karren durch das Tal geführt. Schaulustige säumten den Weg, verspotteten sie und sahen der bevorstehenden „Veranstaltung“ mit unverhohlener Vorfreude entgegen – jenem grausamen Schauspiel, das der sogenannten „Hexenkönigin von Bruchhausen“, wie man sie im Dorf höhnisch nannte, ein Ende bereiten sollte. An der Richtstätte in Erpel angekommen, wurde Anna vom Scharfrichter erdrosselt. Ihre sterblichen Überreste wurden anschließend auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Im selben Jahr schrieb Friedrich Spee von Langenfeld seine Kritik gegen Hexenprozesse, das Cautio Criminalis.
Also macht die Marter und die Pein der Folter solche Leute zu Zauberern und Hexen, die sie in Warheit nicht sind. Cautio Criminalis, Friedrich Spee von Langenfeld, S. 300
Literatur zu Anna Katharina Spee von Langenfeld: