Zum Inhalt springen
Startseite » Hexenverfolgung » Lucia Hermann

Lucia Hermann

Verlor zwei Finger, weil sie nach der Verbannung wieder zurückkam

Opfer der Hexenprozesse von Rhens


Die dreifache Mutter und Ehefrau Lucia Hermann aus Rhens wurde im Jahr 1575 der Hexerei bezichtigt, gefoltert und gemeinsam mit ihrer Familie der Stadt verwiesen.

Lucia Hermann
⛤ 1575, Deutschland

Hoheitsgewalt: Kurfürstentum Köln
Herrschaftsform: Kurkölnische Stadt unter hessischer Pfandverwaltung
Landesherrschaft: Landesherr Salentin von Isenburg-Grenzau, Kurfürst-Erzbischof von Köln
Reichszugehörigkeit: Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation
Reichskreiszugehörigkeit: Mittelrheinischer Reichskreis
Höchste kirchliche Autorität: Landgraf Philipp II. von Hessen-Rheinfels („summus episcopus“)
Höchste regionale kirchliche Autorität: Pfarrer der Pfarrkirche St. Dionysius, Tilmann Stubach
Höchste weltliche Autorität: Kaiser Maximilian II.
Höchste regionale weltliche Autorität: Hessischer Amtmann oder Schultheiß (protestantische Verwaltung)
Konfessionszugehörigkeit: evangelisch (lutherisch geprägt)
Weitere Beteiligte:
Severin Hachemer
Rat Knittel
Schultheiß und Rhenser Pfarrer Tilmann Stubach

Lucia Hermann gehörte gemeinsam mit Ließ Loher zu den Opfern der ersten Verfolgungswelle in Rhens. Sie gehört zu den ersten bekannten Hexen, die in Rhens angeklagt wurden.

Das Leben von Lucia Hermann

Lucia Hermann war mit Peter Hermann verheiratet. Das Ehepaar hatte drei eheliche Kinder, die jedoch alle früh verstarben. Diese tragischen Verluste könnten zu den Verdächtigungen gegen sie beigetragen haben. Es geschah schnell, dass man in den Blick der Dorfgemeinschaft geriet, die in den eigenen Schicksalsschlägen ein unheilvolles Zeichen zu erkennen meinte.

Der Prozess gegen Lucia Hermann

Bei Lucias erster Verhandlung muss sie noch sehr jung gewesen sein, denn das letzte Mal sollte sie erst 28 Jahre später angeklagt werden. Die Anklage wurde von Peter Becker und seiner Frau erhoben. Der Schaden, den sie zur Anzeige brachten, war, dass Lucia ihnen „hundertausend Teufels Namen verzauberte Milch“ gegeben hätte. Lucia wurde in den ersten Juliwochen des Jahres 1575 verhaftet. Am 26. und 27. Juli 1575[2] fanden die entscheidenden Verhöre statt, in denen sich Lucia geständig zeigte. Ein zentraler Bestandteil ihres erzwungenen Geständnisses war die angebliche Teilnahme an einem Hexensabbat vor dem Kirchtor, bei dem, so hieß es, ein Pfeifer auf einem Birnbaum gesessen und zum Tanz aufgespielt habe. Der Hexensabbat soll kurz vor Weihnachten 1571 stattgefunden haben. Lucia nannte die Namen von fünf Rhenser Bürgern, die angeblich mit dabei gewesen sein sollen: Gierssen Elssen, Becker Elsgenn, Merg Lützen, Hermann Stein und Spey Trein. Diese Aussage führte zu weiteren Verhaftungen. Auch der Name von Ließ Loher[1] fiel im Zusammenhang mit dem Hexensabbat. Zu der Zeit war Ließ jedoch bereits schon verstorben.

Lucia Hermann wurde überraschenderweise nicht zum Tode verurteilt, sondern lediglich aus der Stadt verbannt. Umso bemerkenswerter ist es, dass sie – nach diesem Glück im Unglück – bereits zwei Jahre später, 1577, erneut wegen desselben Delikts in Rhens vor Gericht stand. Offenbar hatte sie ihre erste Ausweisung nur für kurze Zeit befolgt und war wieder in die Stadt zurückgekehrt. Es ist davon auszugehen, dass Lucia wiederholt gefoltert und verhört wurde. Dieses Mal wurden ihr zur Strafe zwei Finger abgehackt, und sie wurde abermals aus der Stadt verwiesen. Dennoch lebte sie nach dieser zweiten Verbannung weitere 26 Jahre unbehelligt in Rhens, bis man ihr im Jahr 1603 erneut den Prozess (vermutlich inklusive Folter und Verhör) machte und sie ein drittes Mal aus der Stadt auswies.

„Die also sagen, es gebe kein Hexenwerk in der Welt, außer in der Vorstellung der Menschen; auch nicht glauben, daß es Dämonen gebe, heißen Zauberer. Weil Ungläubigkeit an einem Getauften Ketzerei heißt, deshalb werden solche der Ketzerei bezichtigt.“
Heinrich Kramer, Malleus Maleficarum, 1486


Literatur zu Ließ Loher:
Hexenprozesse in Rhens am Rhein, Rudolf Steffens
Hexenprozesse von Rhens – Wikipedia
Scharfer Turm in Rhens, Alexander Ritter; Torsten Schrade; Dehio, Georg
Die Rhenser Richtstätten, Joachim Forg

Quellen:
[1] Ließ Loher, weiberkraft.com
[2] Die Rhenser Hexenprozesse von 1575, 1577 und 1603, anton-praetorius.de