Männer sehen die Welt anders als Frauen. Ihr Weltbild ist ist stärker von Hierarchien, Rollenbildern und dem Streben nach Status geprägt. Männer neigen dazu, Machtverhältnisse und Wettbewerb in den Vordergrund zu stellen, Frauen gewichten tendenziell das Gefühl, die Intuition, die Psyche und die Kreativität stärker. Sie richten ihre Aufmerksamkeit auf Beziehungsdynamiken, verspielte Lebendigkeit, emotionale Feinheiten, seelisches Wachstum und soziale Verflechtungen. Man könnte sagen: Männer orientieren sich stärker an objektiven Wahrheiten, an Strukturen, Regeln und messbaren Größen, während Frauen eher in subjektiven Wahrheiten verwurzelt sind – in der lebendigen Erfahrung, der inneren Resonanz, dem emotionalen Erleben und der Bedeutung, die sich aus Beziehung ergibt.
Ich bin davon überzeugt, dass diese Unterschiede sehr wohl biologisch festgelegt sind und nicht bloß gesellschaftliche Prägungen und Erwartungen widerspiegeln. Meiner Überzeugung nach liegt im Wesen des Mannes eine eher materialistisch geprägte Denkweise, während das Denken der Frau auf natürliche Weise dem Emotionalen zugewandt ist. Ich glaube, dass genau darin der wahre innere Kern des Weiblichen liegt – warum sonst fühlen sich so viele von uns so tiefgehend von Spiritualität, von allem Geistigen, Kreativen und Gefühlvollen angezogen? Warum sind es wir, die sich seit jeher der Fürsorge für Kinder, Ehemänner, Eltern und Schwiegereltern widmen?
Denkerinnen wie Carolyn Merchant(1), Vandana Shiva(2) oder Val Plumwood(3) argumentieren, dass weibliche Zugänge zur Welt – Beziehung, Lebendigkeit, Kreativität, Ganzheit und Verbundenheit – in patriarchalen Kulturen systematisch abgewertet werden. Der Vitalismus, die Spiritualität, die intuitive Erkenntnis oder die Erfahrung des Lebendigen gelten in unserer Gesellschaft als minderwertige Erfahrungweisen. Wer es wagt, diese Weltsicht öffentlich zu vertreten, wird mit Schweigen, Spott oder öffentlicher Ausgrenzung zum Verstummen gebracht.
Der Materialismus in seiner klassischen, reduktionistischen Form ist Teil eines patriarchalen Weltverständnisses. Früher ging dieses eher mit einem mechanistischen, heute mit einem programmbasierten Weltbild einher: Wurde die Welt von Männern einst als kontrollierbare Maschine begriffen, betrachten sie sie heute als programmierbaren Computer. Der Unterschied zwischen beiden Sichtweisen ist marginal – in beiden Fällen wird die Welt mitsamt ihren Lebewesen als bloßes Objekt betrachtet, ohne innere Lebendigkeit, reduziert auf Ressourcen, die es zu kontrollieren, zu optimieren und nutzbar zu machen gilt. Dieses reduktionistische Denken wird mit Rationalität, Objektivität und Kontrolle assoziiert – Eigenschaften, die in der westlichen Kultur traditionell dem Männlichen zugeschrieben werden.
Unsere westliche Gesellschaft ist seit rund sechs Jahrtausenden männlich geprägt. Viele Aspekte, die mit Weiblichkeit, Körperlichkeit, Fruchtbarkeit, Sinnlichkeit, Naturverbundenheit und Lebendigkeit assoziiert werden, wurden mit dem Erstarken der christlichen Kirche (ca. 400 n. Chr.) radikal als „heidnisch“ diffamiert. Die gesamte weibliche Weltsicht galt fortan als irrational – im schlimmsten Fall sogar als teuflisch. Dass die damaligen Autoritäten nicht erkannt hätten, dass all das, was sie als teuflisch verwarfen, zutiefst mit dem Weiblichen verbunden war, erscheint mir wenig glaubhaft. Vielmehr spricht alles dafür, dass sie sehr genau wussten, was sie taten – und dass die systematische Abwertung des Weiblichen kein Zufall, sondern Teil einer bewussten kulturellen Strategie war.
Ich bin zudem überzeugt, dass es als Menschheit unsere Aufgabe ist, die Fähigkeit zu entwickeln, mehrere Wahrheiten nebeneinander als gültig anzuerkennen. Dass wir aufhören, „die Wahrheit“ als das Vorrecht einer einzigen Sichtweise zu verstehen – als etwas, das andere Perspektiven ausschließt oder sich ihnen überlegen fühlt. Stattdessen sollten wir Wahrheit als ein Zusammenspiel verschiedener Bewusstseins- oder Wahrnehmungsebenen begreifen, die sich im Wesentlichen aus zwei gegensätzlichen Ansichten speisen: der männlichen und der weiblichen Perspektive auf die Welt. Wir müssen damit zurechtkommen, dass verschiedene Wahrheiten gleichzeitig und nebeneinander bestehen können – nicht, weil sie sich widersprechen, sondern weil sie sich ergänzen. Wenn die Menschheit es schafft, dies zu begreifen, wird menschliche Prosperität möglich.
Dazu gehört auch, Materielles und Spirituelles nicht länger als unvereinbare Gegensätze zu betrachten. Die Wahrheit finden wir nicht allein in der materiellen Welt, begreifen wir nicht nur mit dem Verstand, sondern auch durch unser Gefühl.
„Alles ist zweifach; alles besitzt zwei Pole; alles hat sein Gegenteil. Gleiches und Ungleiches sind ihrer Natur nach identisch, unterscheiden sich lediglich im Grad.“
Das Gesetz der Gegensätze
Solange uns diese Vereinigung jedoch nicht gelingt, wird unsere Welt von einem ständigen Kräftemessen geprägt sein. Frauen werden sich weiterhin unterdrückt und entwertet fühlen – und aus dieser Erfahrung heraus dem Materialismus und den Objektivismus in seiner reduktionistischen Ausprägung Widerstand entgegensetzen. Männer werden weiterhin an einem Weltbild festhalten, das auf Kontrolle, Wettbewerb und äußeren Maßstäben beruht – und aus diesem Selbstverständnis heraus Schwierigkeiten haben, emotionale, intuitive oder beziehungsorientierte Zugänge als gleichwertig anzuerkennen.
Ich möchte hier sichtbar machen, dass das weibliche Prinzip bis heute tiefgreifend unterdrückt wird. Um dies zu verstehen, ist es einerseits notwendig, die Geschichte des Heidentums aufzuarbeiten – also die gezielte Ausgrenzung, Verurteilung und Unterdrückung nichtchristlicher, weiblich geprägter Spiritualität durch die Kirche. Dadurch soll deutlich werden, dass sich hinter dieser Verdrängung über Jahrhunderte hinweg immer wieder dieselben Mechanismen verbergen. Andererseits möchte ich aufzeigen, dass vieles von dem, was Frauen heute leben, fühlen und ausdrücken, kein modernes Phänomen ist, sondern auf uralten Erfahrungen und Traditionen beruht. Frauen haben all das, was sie tun, wie sie denken und handeln, schon immer so getan – nur oft im Verborgenen. Die sogenannten heidnischen Denkweisen und Rituale haben sich über die Zeit hinweg weiterentwickelt, sie haben neue Formen angenommen und sich äußeren Gegebenheiten angepasst – und doch sind sie in ihrem innersten Wesen über Jahrtausende hinweg erstaunlich konstant geblieben.
Auf dieser Seite blicke ich auf alle Themen aus einer sozialkritischen und zugleich empathischen Perspektive. Im Ressort Hexenverfolgung arbeite mit historischen Quellen und Forschungsarbeiten, die sich auf die Aufarbeitung und Analyse dessen beschränken, was historisch belegbar und schriftlich festgehalten wurde. Mir jedoch geht es um mehr: Jede Geschichte, die ich hier erzähle, erhält ihr einzigartiges Gesicht, weil ich sie durch die soziale Linse betrachte und auch das einbeziehe, was sich nicht direkt in den Zeilen findet – nämlich das, was ich beim Lesen der Prozessakten, Berichte und Analysen empfinde, welches Gefühl das Lesen der Prozessakten auslöst. Alle Geschichten auf dieser Seite sind nicht nur eine reine Nacherzählung, eine reine Wiedergabe von bereits aufbereiteten Fakten, sondern Ausdruck meines inneren Eindrucks der Geschichte. Sie hat in mir ein Gefühl ausgelöst, das ich mit Worten sichtbar mache.
Diese Seite möchte Impulse geben – sie soll Frauen darin bestärken, ihr Selbstbewusstsein zurückzugewinnen und sie darin unterstützen, ihre ursprüngliche Kraft – ihre Weiberkraft – wiederzuentdecken. Mein Name ist Alvisi vom roten Stein. Ich freue mich darauf, Ihnen zu zeigen, welche Kraft in Ihrer heidnischen, also weiblichen Natur verborgen liegt. Es liegt viel Arbeit vor uns. Lassen Sie es uns angehen!
Quellen:
(1) The Death of Nature – Carolyn Merchant, siena.edu
(2) Vandana Shiva, wikipedia
(3) Feminism and the Mastery of Nature – Val Plumwood, syllabus.pirate.care
Bild: © Alvisi vom roten Stein